MTU Aero Engines - Ein kerngesunder Flugzeug-Zulieferer
Aufklärung über Eigenpositionen: Diese Aktien aus dem Artikel halten TraderFox-Redakteure aktuell
Beim Flugzeug-Zulieferer aus München gab es lange Zeit wenig zu meckern. Zwischen dem Tiefstkurs 2008 bei 12,87 Euro und dem Hoch 2010 bei 286,70 Euro liegt eine Differenz von über 2.100 %. Anleger konnten Geld scheffeln ohne Ende. Dann kam die Boeing-Krise. Es folgte die Corona-Pandemie, die die Luftfahrt kollabieren ließ. Das Erfolgsunternehmen notiert etwa 45 % unterhalb des Höchstkurses. Aktuell 153,60 Euro. Eine Chance ist das.
Zulieferer für Airbus und Boeing
Brot- und Buttergeschäft sind Module für Triebwerke. Sie landen in Modellen von Airbus und Boeing. Ein wichtiger Abnehmer ist der Luftfahrtkonzern Pratt & Whitney. Was den Deutschen in die Karten spielt: Um Triebwerke zu entwickeln, sind fünf bis sieben Jahre Entwicklungszeit und ein paar Milliarden USD nötig. Hat man grünes Licht der Behörden, werden anschließend die Teile in einem Flugzeug 30 Jahre eingesetzt. Die Branche ist aufgrund der langen Bindung risikoarm. Konkurrenten haben wenig Chancen, in das Liefernetz schnell einzudringen. Das ist anders in anderen Branchen: Das Internet steht jedem offen. Aber bei den Flugzeugen sind die Markteintrittsbarrieren enorm. Es macht daher Sinn, ein paar MTU-Aktien einzusammeln. Zumal sie abgestürzt sind.
Quelle: www.mtu.de
EBIT-Marge von fast 11 %
Wie stark die Stellung des führenden Triebwerksherstellers Deutschlands ist, zeigt sich anhand der Sechsmonatszahlen. Während die Luftfahrt wegen Corona zwischenzeitlich fast zum Stillstand kam, erwirtschaftete MTU eine operative Ergebnismarge von 10,9 %. Der Umsatz sank vergleichsweise moderat zwischen Januar und Juni von 2,2 auf 2,0 Mrd. Euro.
Wenig Risiken, volles Auftragsbuch
Das Risiko ist trotz der Pandemie gering. Warum? Flugzeuge werden weiter fliegen und Ersatzteile werden weiter gebraucht. Vorstandschef Reiner Winkler baut seit Jahren das Unternehmen aus. Der Börsenwert ist mit 8,1 Mrd. Euro nach dem Kursrutsch moderat. Das Geschäft ist weit in die Zukunft abgesichert. Der Auftragsbestand lag zum Halbjahr mit 18,4 Mrd. Euro auf einem hohen Niveau (31. Dezember 2019: 19,8 Mrd. Euro). Mit anderen Worten ist der Auftragsbestand mehr als doppelt so groß, wie die Börse bewilligt.
Bauteile stecken in einem Drittel der Flugzeuge
Sobald das Reisen wieder zur Normalität wird, zieht das Neugeschäft und der Ersatzteilabsatz an. Die Kernkompetenzen liegen bei Niederdruckturbinen, Hochdruckverdichtern und Turbinenzwischengehäusen. MTU-Bauteile kommen bei einem Drittel der weltweiten Verkehrsflugzeuge zum Einsatz. Im Bereich der zivilen Instandhaltung zählt das Unternehmen zu den Top 5 der weltweiten Dienstleister für Luftfahrtantriebe und Industriegasturbinen.
Quelle: www.mtu.de
Strikte Zertifizierung ist ein Burggraben
Der Flugzeug-Aftermarkt bietet generell gute Geschäftschancen. Jedes Teil eines Flugzeugs, von der Benzinpumpe über den Sitz und Sicherheitsgurt bis hin zur Tür, muss von der US-Flugaufsichtsbehörde FAA und den Airlines zertifiziert werden. Um eine Benzinpumpe für den A320 herstellen zu dürfen, muss eine Firma erst zwei bis drei Jahre durch die Zertifizierung. Das kostet viel Geld. Ist die Zertifizierung abgeschlossen, ist es wie ein Paradies. Dann fließt das Geld in Strömen. Im Prinzip können Firmen bis zu 40 % Marge am Ersatzteil verdienen. Aber zunächst sind hohe Investitionen nötig, um in die Lieferkette zu kommen. Solange ein Flugzeug fliegt, braucht es stetig Ersatzteile. Flugzeuge fliegen 20 bis 30 Jahre. Die exklusive Partnerschaft mit Pratt & Whitney reicht bis 1928 zurück, als die MTU-Vorgängergesellschaft, die BMW-Flugmotoren GmbH, die Motoren für den Junkers Ju 52 baute. Seit 1960 liefert MTU an General Electric und Rolls-Royce Teile.
Bundeswehr ist Partner
Wichtigster Umsatzträger in der Instandhaltung ist die klassische A320-Familie, gefolgt vom Airbus A320neo. Die Flugzeug-Produktion ist aber massiv gesunken. Es werden kaum neue Flugzeuge ausgeliefert. Es ist ein Dilemma. Das ist aber gerade für geduldige Anleger charmant. MTU ist für Militär-Flugzeuge und Kampfhelikopter ebenfalls verantwortlich. Hauptumsatzträger ist der Eurofighter-Antrieb EJ200. Die Münchner sind Systempartner für fast alle Luftfahrtantriebe der Bundeswehr.
Positiver Cashflow ist Ziel für 2020
Das Management erwartet im laufenden Jahr einen Umsatz von 4 bis 4,4 Mrd. Euro. Dabei soll das zivile Seriengeschäft um etwa ein Viertel abnehmen, das Ersatzteilgeschäft auch. Für die zivile Instandhaltung wird ein Umsatzrückgang im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich erwartet. Der Umsatz des Militärgeschäfts soll leicht zunehmen. Für 2020 erwartet der Vorstand eine bereinigte EBIT-Marge zwischen 9 und 10 %. Das ist ordentlich angesichts der schwersten Krise seit Dekaden. Mehr noch: Die Top-Etage hat sich zum Ziel gesetzt, das Gesamtjahr mit einem positiven freien Cashflow abzuschließen.
Das Unternehmen hat Rückgänge in allen Bereichen zu spüren bekommen und kann damit erstaunlich gut umgehen. Das zivile Seriengeschäft hat abgenommen, die Ersatzteilumsätze sinken. Gleichzeitig war das Militärgeschäft rückläufig. Das wirkt sich natürlich auf Umsatz und Ergebnis aus. Trotzdem sind keine roten Zahlen absehbar, so gesund ist das Geschäft.
Quelle: TraderFox Qualitäts-Check
Emissionsfreies Fliegen ist das Ziel
Für die Forschung machte der Vorstand im 1. Halbjahr 98 Mio. Euro locker. "Wir bereiten uns in Forschung und Entwicklung aktiv auf die Zukunft vor und stellen das Thema emissionsfreies Fliegen in den Mittelpunkt unserer Aktivitäten", betont CEO Winkler. Entsprechend entwickelt MTU neue Technologien. Zukünftige Antriebsgenerationen und die Digitalisierung des Triebwerksbaus haben sie im Blick. Die Vision ist das emissionsfreie Fliegen. Die Ingenieure testen nachhaltige alternative Kraftstoffe. Es wird an einer fliegenden Brennstoffzelle gearbeitet. Ziel ist es, den Luftverkehr umweltverträglicher zu machen. Das Fliegen soll sparsamer, schadstoffärmer und leiser werden.
Cash muss sprudeln
Der freie Cashflow lag per Juni 2020 bei 125 Mio. Euro, was nicht von schlechten Eltern ist. Finanzvorstand Peter Kameritsch: "Die Sicherung unserer Liquidität hat für uns nach wie vor oberste Priorität. Unseren finanziellen Handlungsspielraum konnten wir im 1. Halbjahr deutlich ausbauen: Wir haben unsere Liquiditätsreserven auf rund 1,5 Mrd. Euro aufgestockt." Dazu hat die MTU eine bestehende Kreditlinie um 100 Mio. auf 700 Mio. Euro erweitert. Es kamen eine Schuldverschreibung über 100 Mio. Euro sowie eine Unternehmensanleihe im Wert von 500 Mio. Euro hinzu.
Personalabbau steht bevor
An Bord sind 10.661 Mitarbeiter. "Die derzeitige Geschäftslage zwingt uns leider, unsere Personal-Kapazitäten bis Ende 2021 um zehn bis 15 % zu reduzieren", sagte Winkler kürzlich. "Dabei gehen wir so maßvoll wie möglich vor, um nach der Krise eine möglichst große Zahl unserer hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiter mit an Bord zu haben."
Fazit:
MTU spielt eine wichtige Rolle in der Luftfahrtbranche. Zurzeit belastet die Covid-19-Pandemie das Reisen massiv. Es ist davon auszugehen, dass in wenigen Jahren die Luftfahrt zur Normalität zurückfindet. Die langfristigen Perspektiven stimmen unserer Ansicht nach. Anleger mit Weitblick gehen an Bord und schnallen sich an. Es kann vorerst turbulent bleiben.