aktien Suche

Die 4-Prozent-Regel: Wie viel brauche ich für den Ruhestand? Wie sicher ist diese Regel wirklich?

Michael Seibold ist als freier Redakteur beschäftigt. Artikel von freien Redakteuren stellen deren eigene Meinung dar und müssen mit der von aktien nicht korrespondieren.

In einer Welt, in der viele Menschen träumen, früher in den Ruhestand zu gehen, gibt es ein Konzept, das unter der "4-Prozent-Regel" oder der "4 percent Safe Withdrawal Rate" (kurz SWR) bekannt ist. Für all diejenigen, die noch nicht vertraut mit dem Konzept sind, möchte ich zunächst die sichere Auszahlungsrate definieren: Die "Safe Withdrawal Rate" ist die maximale Rate (Geldbetrag), die (den) Sie jedes Jahr vom Portfoliowert entnehmen können, ohne dass Ihnen zu Lebzeiten das Geld ausgeht bzw. ohne dass sich großartig der Wert Ihrer Anlage minimiert. Klingt das nicht einfach und nett? Aber viele Menschen halten es für unvorhersehbar, sich an so einer Regel festzunageln. Doch wie kam man eigentlich auf die 4-Prozent-Regel und warum kann sie ein guter Anhaltspunkt sein?

Ursprung der Regel

Die 4-Prozent-Regel geht auf eine Veröffentlichung im Jahr 1998 mit dem Titel: "Retirement Savings: Choosing a Withdrawal Rate that is Sustainable." Das Paper wurde von drei Finanzprofessoren der Trinity University verfasst. Die Studie besagt grundsätzlich, dass man mit einem diversifizierten Aktien- und Anleihen-Portfolio über einen Zeitraum von 30 Jahren in jedem Jahr 4 Prozent des Anfangswertes entnehmen kann, bei gleichzeitig sehr geringem Risiko vorzeitig das Vermögen vollständig aufzubrauchen. Auch hat die Studie gezeigt: Wird der Entnahmebetrag um eine jährlich angepasste Inflation bereinigt, ist das Risiko eines vorzeitigen vollständigen Vermögens-Verbrauchs immer noch tendenziell recht gering.

Doch wichtige Dinge bei der Studie sollten sorgfältig beachtet werden. Warum? In der Studie wurde immer nur der Zeitraum "30 Jahre" und nicht ein ganzes Leben lang definiert. Außerdem besteht immer ein kleines Restrisiko, dass das Vermögen doch innerhalb von 30 Jahren aufgebraucht werde. In vielen Foren wird missverständlicher Weise dieses Wissen ungeprüft weitergegeben und übernommen mit der These, dass die 4-Prozent-Regel niemals versagt und für jeden x-beliebig langen Zeitraum anwendbar ist. Anders ausgedrückt wird oft verwendet: Wer das 25-fache der eigenen jährlichen Ausgaben gespart hat, ist anschließend finanziell frei. Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass diese Annahme ausreichen kann, letztendlich aber viel mehr Faktoren berücksichtigt werden müssen.

Ergebnisse der Trinity Studie

Ich möchte Ihnen zuerst die Parameter und konkreten Annahmen nennen, die es zu berücksichtigen gibt. Tatsächlich wurden in unserem Beispiel die Aktienrenditen des markbreiten S&P 500 sowie Anleiherenditen der 20-Jahre laufenden US-Staatsanleihen über einen Zeitraum von 1926 bis 1995 evaluiert. Außerdem wurden diese um reale Markdaten bis 2014 ergänzt, um einen Anlagehorizont von 35 und 40 Jahren einzuschließen. Die Professoren untersuchten fünf mögliche Asset-Allokationen – von 100 Prozent Anleihequote bis 100 Prozent Aktienquote – um die Auswirkungen inflationsbereinigter Erstentnahmen zwischen 3 und 12 Prozent zu bewerten. Somit wurden 50 hypothetische Portfolios für jeden während der Studie verwendeten Ruhestandshorizont erstellt. Wie kommt man darauf? Ganz einfach: Fünf verschiedene Asset-Allokationen mal die Anzahl der zehn verschiedenen Auszahlungsprozentsätze (3-12 Prozent).

trinity-studie

Quelle: https://www.rbcwm-usa.com/resources/file-687839.pdf

Die Trinity Studie berücksichtigt auch die Weltwirtschaftskrise. Das finde ich persönlich schon mal sehr gut, da dann die Entnahmerate automatisch so eingestellt ist, dass sie auch die größte Krise aller Zeiten überstehen kann. Ebenfalls verwendet die Trinity Studie die Inflation. Dadurch bleibt die Kaufkraft im Zeitablauf konstant und ist somit nicht verfälscht. Dadurch dass die Studie davon ausgeht, dass die Inflation, welche auf die Kaufkraft wirkt, auch die gleiche ist, die die nominalen Renditen treibt, erhält der Anleger einen impliziten Schutz, denn fallende Aktienkurse gehen oft mit einem Rückgang der Inflation einher. Aber was ich doch beachtlich finde ist folgendes aus der Tabelle: Wessen Portfolio zu 50 Prozent aus Aktien und zu 50 Prozent aus langlaufenden Anleihen bestand, konnte über einen Zeitraum von 30 Jahren (1926-2014) eine SWR von 4 Prozent kalkulieren, ohne dass jemals das Vermögen aufgebraucht worden wäre. Das ist doch schon mal erstaunlich und sollte uns allen Mut machen, regelmäßig zu investieren, denn es lohnt sich.

Flexibilität erhöht unsere Sicherheitsmarge (Margin of Safety)

Wir als Menschen haben allerdings einen Vorteil, die diese Studie nicht kalkuliert haben. Sie geht nämlich davon aus, dass wir nie zusätzliches Einkommen verdienen. Außerdem sind wir flexibel und können bei allgemeiner schlechter wirtschaftlicher Verfassung unsere Ausgaben anpassen, sodass wir gar nicht die vollen 4 Prozent entnehmen müssen. Kurz gesagt, wir haben eine Margin of Safety für unser Leben festgelegt, die weit über sture Entnahmen hinausgeht. Wir können sparsam leben, unsere Ausgaben herabsetzen, indem wir auf unnötigen Konsum verzichten. Das heißt im Umkehrschluss: Können Sie Ihre Ausgaben reduzieren, kann die Entnahmerate auch eine ganz andere sein. Das bedeutet auch: Können Sie in der Ansparphase bereits auf unnötigen Konsum verzichten, senken Sie automatisch Ihre Auszahlungsrate.

Testen Sie Ihren Plan auf viele verschiedene Arten, um Ihren Geist zu beruhigen. Sie können den Auszahlplan mit vielen verschiedenen weiteren Variablen untersuchen. Spielen Sie Finanzplan mit "Was wäre wenn"-Szenarien einmal durch. Was wäre beispielsweise, wenn Sie länger leben? Was wäre, wenn Sie höhere oder niedrigere Renditen erwirtschaften als angenommen? Was wäre, wenn sich die Inflation anders entwickelt als im historischen Schnitt? In der Realität wird es oft nicht so sein, dass Sie jedes Jahr genau 4 Prozent ausgeben. Manchmal besteht ein höherer Bedarf, in anderen Fällen reichen Ihnen auch niedrigere Abhebungen. Die 4-Prozent-Regel ist ein guter Ansatz, aber ich glaube, dass eine weitere persönliche Planung erforderlich ist.

Fazit

Wie wirkt sich die aktuelle Krise auf meine Altersvorsorge aus – bei einem Anlagehorizont von länger als 20 Jahren wohl kaum. Was ich von der aktuellen Krise halte? Eine Rezession zeigt Ihnen noch besser auf die Qualität eines Unternehmens auf. Unternehmen, die sowieso schon am Limit gelebt haben, werden jetzt womöglich insolvent gehen. Starke Unternehmen werden ihre Geschäftstätigkeit rationalisieren und nach der Krise noch intelligenter sein. Außerdem werden nach der Krise wieder neue Unternehmen hervor gehen, die bewiesen haben, aus wenig Produktivkapital etwas Großes zu schaffen. Die Behandlung von Krankheiten wird skalierbarer sein, Krankenhäuser weniger bürokratisch und es wird mehr Unterstützung für Tele-Medizin geben. Virtuelles Lernen und Videokonferenzen werden schneller vorangetrieben als bisher erwartet. Lieferdienste werden noch schneller wachsen als bisher kalkuliert. Das Endergebnis wird eine bessere, widerstandsfähigere und reichere Welt sein als jemals zuvor. Menschen sind bequem und scheuen sich vor Veränderungen. Sie werden selbstgefällig und denken, dass die Dinge gut genug sind. Oft brauchen wir einen Tritt in den Hintern, um tatsächlich Verbesserungen vorzunehmen. In diesem Sinne: "When the going gets tough, the tough get going."

Liebe Anleger,

ich wünsche Ihnen noch viele erfolgreiche Investments!

Bis zur nächsten spannenden Story,

Michael Seibold

Bildherkunft: https://unsplash.com/photos/cEukkv42O40

Ebenfalls interessant

aktien Flatrate mit der Trader-Zeitung
3 Monate Laufzeit
147,- Euro
Alle Börsendienste von aktien
zu einem unschlagbar günstigen Preis
Webinar am 08.01.2025 um 18:00 Uhr

Technische Analyse – Warum kompliziert, wenn`s auch einfach geht (Teaser-Webinar)

(Webinar findet über
GoToWebinar statt)
Technische Analyse ist eine Methode zur Bewertung von Finanzmärkten, die sich auf die Analyse historischer Preisdaten und markttechnischer Indikatoren stützt. Sie beinhaltet verschiedene Werkzeuge wie Charts, Trendlinien, Indikatoren und Formationen, um Markttrends zu identifizieren und potenzielle Kauf- oder Verkaufssignale zu erkennen. Im Gegensatz zur Fundamentalanalyse, die sich auf wirtschaftliche und finanzielle Daten stützt, konzentriert sich die Technische Analyse ausschließlich auf Marktdaten. Sie wird daher sowohl für Timing- als auch Anlageentscheidungen verwendet.

Tenbagger-Depot

Unser Börsendienst für Vervielfacher-Aktien

Hier informieren

0 €
Gebührenfreier Handel mit
& Profi-Tools von

Diese Kooperation wirbelt die TraderFox-Welt durcheinander.
Wir verknüpfen unser Profi- Tools mit dem gebührenfreien Handel von finanzen.net Zero
Depot eröffnen (Unbedingt diesen Link verwenden, um in den Genuss der TraderFox-Vorteile zu kommen)

TraderFox Flash
Die Profi-Trading-App für
  • Echtzeit-Alerting und Charting
  • Einfacher Hebelhandel
  • Profi-Tools und 0 € Ordergebühren
  • Knock-Out-Simulator
  • Kurslisten und Anlagetrends
  • Login per Face-ID
Gratis Download

10 Aktien mit den meisten Lesern

455953 Leser
417042 Leser
416929 Leser
356544 Leser
302139 Leser
289385 Leser
213186 Leser
185379 Leser
182617 Leser

Meistgelesene Artikel

Qualitätscheck zu deiner Aktie

Wie viele Punkte bekommt deine Aktie?

aktie.traderfox.com

aktien Magazin App

Neue Artikel aus favorisierten Kategorien per Push-Notification erhalten.

App Store Google Play
  • Die Börsenshow "Christina will wissen"
  • Auf-den-Punkt-gebracht-Video-Storys von Simon Betschinger

traderfox.com

Die Echtzeit-Börsensoftware
PAPER: Unser digitaler Kiosk!

PDF-Research-Reports: Die besten Aktien der Welt

Download unter paper.traderfox.com

27 tägliche PDF-Reports

Top-100-Wachstumsaktien USA

Die Auswahl der Wachstumswerte erfolgt regelbasiert nach der CANSLIM-Strategie von William O’Neil.

NEO-DARVAS

Die NEO-DARVAS-STRATEGIE ist ein Trendfolge-Ansatz, der auf die stärksten Aktien der Wall Street setzt

Gap-Ups USA

Auf der Suche nach neuen Pivotal-News-Points

Peter Lynch Selection

Peter Lynch hat als Ziel sogenannte Tenbagger-Aktien zu finden, also Aktien, die sich verzehnfachen können.

High-Quality-Stocks USA

Unsere Interpretation der Anlagestragie von Warren Buffett

High-Quality-Stocks Europe

Unsere Interpretation der Anlagestragie von Warren Buffett

Dividenden-Aktien Europa

Blue Chip Dividenden-Aktien vesprechen attraktive Renditen bei einem Risiko, das unter dem Marktrisiko liegt.

High-Growth-Investing

In diesem Paper stellen wir Aktien vor, die nach dem Scoringsystem “High-Growth-Investing” mit mindestens 12 von 16 Punkten abschneiden.

The Acquirer's Multiple

Die Kennzahl "The Acquirer’s Multiple" ist von dem Gedanken getrieben Firmen zu finden, die günstig übernommen werden können.

Dividenden-Aristokraten Europa

In diesem aktien REPORT filtern wir aus den 500 größten europäischen Aktien die Titel heraus, die eine Dividendenkontinuität von mindestens 10 Jahren vorweisen können.

Dividenden-Aristokraten USA

Hier werden Unternehmen vorgestellt, die seit 25 Jahren keinen Dividendenausfall und keine Dividendensenkung verzeichnet haben, und in den letzten 10 Jahren ihre Umsätze um durchschnittlich 3 % pro Jahr gesteigert haben

Superperformance-Stocks USA

Es geht mit in diesem Screening darum, Aktien zu identifizieren, die ein "Leadership Profile" vorweisen und raketenartig durchstarten können. Dazu hat Mark Minervini die SEPA-Methode entwickelt.

Buffett's Alpha

Nach der gleichnamigen, wissenschaftlichen Publikation die die Gemeinsamkeiten der von Warren Buffett gekauften Aktien untersucht

Phil Town Rule #1

Die Strategie "Value-Investing nach Phil Town" zielt darauf ab, "wundervolle" Unternehmen zu finden - also Unternehmen, die Phil Town mindestens zehn Jahre halten würde - und das zu einem attraktiven Preis.

Dauerläufer-Aktien USA

Dauerläufer-Aktien sind Aktien die kontinuierlich und mit wenigen Rücksetzern steigen und mit einer vernünftigen Balance zwischen Rendite und Rücksetzern den Markt schlagen.

Dauerläufer-Aktien Europa

Dauerläufer-Aktien sind Aktien die kontinuierlich und mit wenigen Rücksetzern steigen und mit einer vernünftigen Balance zwischen Rendite und Rücksetzern den Markt schlagen.

Skyrocketing Stocks

Inspiriert von der Strategie von Daniel Zanger. Führende High-Beta-Stocks, die in der Hausse so richtig durchstarten.

Shortseller-Stocks

In dem Report "Shortseller-Stocks" sollen Aktien identifiziert werden, die für Short-Strategien geeignet sind. Wir verwenden dabei die Kriterien des Scoring-Systems Buffett's Alpha, quasi in umgekehrter Reihenfolge

Value-Aktien KGV

Value-Aktien sind Aktien mit nied­ri­gen KGVs, nied­ri­gen KUVs oder hohen Di­vi­den­den­ren­di­ten. Es gibt Un­si­cher­hei­ten darüber wie sich das Geschäft in den nächsten Jahren ent­wickeln wird, aber genau deshalb auch große Kurs­chancen.

100 besten Aktien weltweit

Der TraderFox Qualitäts-Check weißt jeder Aktie bis zu 15 Punkte zu. Dabei werden Kenn­zah­len ver­wen­det, die sich in der Fi­nanz­wis­sen­schaft durch­ge­setzt haben, um Quality von Junk zu un­ter­schei­den.

100 besten Dividendenaktien weltweit

Der TraderFox Dividenden-Check weist jeder Aktie bis zu 15 Punkte zu. Das Ziel: geeignete Aktien für ein Dividenden-Portfolio zu fin­den, mit dem ein passiver, stetiger und wachsender Zah­lungs­strom generiert werden kann.

Wachstums-Aktien

Der Wachs­tums-Check prüft die Attrak­ti­vi­tät von Wachs­tums-Aktien: Aktien die auf Sicht von 2 bis 3 Jah­ren sehr hohe Ge­win­ne ab­wer­fen kön­nen, bei de­nen An­le­ger aber mit größe­ren Kurs­schwan­kun­gen und Fehl­schlä­gen rech­nen müs­sen.

Umsatzraketen

Dieses Template ist unser Basis-Screening für unser Magazin Wachstumaktien

The Big Call

Dieses Screening-Template identifiziert Aktien, die gut für langfristige Call-Spekulationen geeignet sind

Fallen Angels

Der Research-Report Fallen Angels listet Qualitäts-Aktien mit mindestens 11 von 15 Punkten im TraderFox Qualitäts-Check auf, die mindestens 40 % von ihrem 52-Wochenhoch verloren haben.

Künstliche Intelligenz

Profiteure der Künstlichen Intelligenz Revolution, ausgewählt durch die Redaktion des aktien Magazins

Sichere Aktien

geringe monatliche Drawdowns im Vergleich zum Gesamtmarkt; kaum starke Ausreißer um ihre 5-Jahres-Regressionsgerade herum, eine niedrige Volatilität und eine Mindestrendite von 7 % pro Jahr

27 PDF-Research-Reports zum Download auf paper.traderfox.com