Der höchste Steuerbescheid der Geschichte – John Paulsen
John Alfred Paulsen wurde am 14. Dezember 1955 im New Yorker Stadtteil Queens als 3. von 4 Kindern geboren. Sein Vater war Alfredo Paulsen, der mit 15 Jahren Vollweise wurde und mit 16 Jahren von Ecuador nach Los Angeles auswanderte. Johns Mutter war die jüdisch-stämmige Jacqueline Paulson, die ihre Wurzeln in Litauen und Rumänien hatte. Beide Elternteile lernten sich während des Studiums an der University of California Los Angeles (UCLA) kennen.
John wuchs in New York auf und machte dort auch seinen High School Abschluss 1976. Direkt im Anschluss nahm er ein Studium der Finanzwirtschaft an der New York University auf. Seinen Bachelor-Abschluss mit Auszeichnung bekam er 1978 verliehen. Ohne große Umwege ging der offensichtlich sehr ambitionierte junge Mann nach Harvard und schrieb sich für das MBA-Programm an der Business School ein. Für die Studienkosten (> $ 200.000) kamen im Rahmen eines Stipendiums Sidney Weinberg und Goldman Sachs auf. Seinen Abschluss als Baker Student (Top 5% des Jahrgangs) machte Paulsen 1980.
Bäumchen wechsle dich
Für große Pausen oder Auszeiten schien es im Lebensplan von John Paulsen keinen Platz gegeben zu haben. Von Harvard wechselte der Absolvent direkt zur renommierten Boston Consulting Group und begann seine berufliche Laufbahn als Unternehmensberater. In den folgenden 14 Jahren wechselte Paulsen dreimal den Arbeitgeber. Zuerst wurde ihm klar, dass er lieber an der Wall Street statt in der Beraterbranche tätig sein möchte. Es folgte ein Wechsel zur Private Equity Firma Odyssey Investment Partners. Von dort aus ging er zur M&A-Abteilung von Bear Stearns und es folgte der Sprung zu Gruss Partners, wo Paulsen zum Partner aufstieg.
Paulsen & Co.
1994 verließ er Gruss Partners und gründete seinen eigenen Hedge Fund Paulsen & Co. Zur Anfangszeit war der Fonds schwach kapitalisiert und hatte seinen Unternehmenssitz im Bürogebäude von Bear Stearns, wo sich Paulsen als Untermieter ein kleines Büro anmietete. Sein Kapitalstock belief sich 1994 auf $ 2 Mio. und er hatte einen Angestellten. 2003 waren die Assets Under Manangement bereits auf ca. $ 300 Mio. angewachsen.
Den Durchbruch schaffte Paulsen allerdings 2007. Wie auch einige seiner Kollegen erkannte Paulsen die Gefahr, die vom überbewerteten Häusermarkt ausging und wettete im großen Stil mittels Credit Default Swaps auf ein Platzen der Immobilienblase. Mit dieser Spekulation löste Paulsen das Ticket für den Olymp der Fondsmanager: er verdiente für seinen Fonds knappe $ 15 Mrd.; davon $ 4 Mrd. für sich selbst. Daraufhin wurde er vom Traders Magazin zum Besten Trader der Welt 2008 erklärt.
Funfact: seine enorme Rendite 2008 führte zum höchsten Steuerbescheid der Geschichte, der jemals an eine Privatperson gesandt wurde. Auf dem Bescheid stand die unglaubliche Steuerschuld von $ 1,5 Mrd. Diesen Betrag musste er bis zum 17. April 2018 entrichtet haben. Grund für diese Verzögerung sind Steuerregeln, die Privatpersonen das Verschieben von Steuerschulden um mehrere Jahre ermöglichen.
Die Performance von Paulsen ist allerdings seit der Finanzkrise eher enttäuschend. Das wird vor allem bei einem Blick auf die Kundengelder deutlich: die AUM sanken von einem Höchststand 2011 von $ 36 Mrd. auf ca. $ 8 Mrd. derzeit; 80% davon sind laut Schätzungen Paulsens Privatvermögen. Das Vertrauen seiner Kunden scheint also zu großen Teilen aufgebraucht zu sein. Und das natürlich nicht ohne Grund. Beispielsweise erzielte Paulsen mit seinem wichtigsten Fonds von 2015 bis 2017 dreimal hintereinander Ergebnisse im zweistelligen Minusbereich. Dazu kamen sehr riskante Spekulationen, wie die Wette auf den Pharmahersteller Valeant. Allein bei diesem Engagement verlor Paulsen für sich und seine Kunden $ 2 Mrd. (Einzig Bill Ackman verlor mit Valeant noch mehr Geld, nämlich $ 4 Mrd.).
Handelsstil
Paulsen verfolgt einen sogenannten Event Driven Ansatz. Er wartet also auf bestimmte Ereignisse und versucht damit Geld zu verdienen. Folgende Strategien findet man in seinem Repertoire:
1. Klassische Merger Arbitrage: nach Bekanntgabe einer Übernahmeabsicht kauft er Aktien des Unternehmens, welches übernommen wird und shortet die Aktien des Unternehmens, welches zukauft. Das bringt ca. 8-10% Rendite pro Deal.
2. Feindliche Übernahmen: hier spekuliert Paulsen auf einen Bieterkampf für ein Unternehmen, wenn mehrere Interessenten vorliegen. Ein Paradebeispiel sahen wir gerade zwischen Comcast und 21st Century Fox, die für die Sendergruppe Sky um die Wette boten.
3. Spekulation auf zukünftige Übernahmeziele: in dieser risikoreichen Strategie versucht Paulsen Übernahmeziele zu antizipieren und Aktien zu erwerben, bevor ein Übernahmeangebot gemacht wurde.
4. Unternehmen kaufen, die durch Zukäufe sehr starkes Wachstum aufweisen: Valeant war ein Beispiel für ein Unternehmen dieser Kategorie.
5. Insolvenzen: Liquidationswert bestimmen und einsteigen, sofern dieser den Marktwert übersteigt.
6. Notleidende Kredite: ein von einer Insolvenz bedrohtes Unternehmen wird am Markt mit großem Abschlag gehandelt. Paulsen spekuliert auf ein Gelingen des Turnarounds.
7. Restrukturierungen: die Zerschlagung von Konglomeraten wie beispielsweise Siemens oder ThyssenKrupp fallen in diese Kategorie.
Paulsen geht sowohl auf der Long- als auch auf der Shortseite Spekulationen ein. Aufgrund seiner Strategien hat sein Hedge Fund eine sehr geringe Korrelation mit dem Gesamtmarkt.
Seit 2000 ist der Milliardär mit Jenny Zakaria verheiratet und hat mit ihr 2 Töchter. Er besitzt ein Townhouse in Upper East Side New York für $ 14,7 Mio. und ein Haus in Aspen für $ 24,5 Mio. Er tat sich auch als Philanthrop hervor und spendete mehrere hundert Millionen Dollar für Universitäten, Krankenhäuser und den Central Park. John Paulsen ist sehr medienscheu und gibt nur selten Interviews.
Zitate
- "Keine Strategie funktioniert zu jeder Zeit."
- "Normalerweise weiß man erst, ob man einen guten Anwalt hat, bis man ein Problem bekommt."
- "Von Angst dominierte Perioden in der Vergangenheit wurden von cleveren Investoren als Kaufgelegenheiten genutzt."
- "Viele Investoren begehen den Fehler, hoch zu kaufen und tief zu verkaufen, obwohl das genaue Gegenteil die richtige Strategie wäre."
- "Ich habe es geliebt, Cash in der Tasche zu haben."
- "Ich meide die Medien."
- "Wir spielen auch nicht jeden Tag eine Gewinnerhand."
- "Unser Ziel ist es nicht, jederzeit eine Outperformance zu erreichen – das ist nicht möglich. Wir wollen Outperformance über die Zeit."
- "Die Geheimzutat setzt sich zusammen aus Erfahrung, Fokus, Raffiniertheit und Leidenschaft."
- "Ich entschied mich nach Harvard zu gehen, meinen MBA zu bekommen, Erfahrung mit M&A zu sammeln und dann Arbitrageur zu werden. Das war meine Strategie."
- "Für das College habe ich mich nicht wirklich interessiert."
- "Manche Menschen spielen gerne Schach. Andere Backgammon. Das hier ist auch nur ein Spiel, und Spiele spielen macht Spaß. Es macht noch mehr Spaß, wenn man gewinnt."
- "Wir haben normalerweise zwischen 30 und 40 Deals zu laufen."