Eine lebende Legende – Kerr Neilson
Kerr Neilson wurde 1950 in Johannesburg, Südafrika, geboren. Eigenen Angaben zufolge wuchs er im Kreise vieler Erfinder und Industrieller auf, wodurch Neilson bereits in jungen Jahren Interesse an Unternehmen und Geschäftsmodellen entwickelte. Seine ersten Aktien kaufte er im zarten Alter von 13 Jahren. Zum Studium verließ Neilson die Metropole im Landesinneren und zog nach Cape Town an die Küste, wo er sich für einen Bachelorstudiengang im Fach Commerce einschrieb.
Nach seinem Abschluss wanderte er Anfang der 1970er Jahre auf die Nordhalbkugel aus und begann eine Karriere in London. Sein erster Arbeitsplatz war die Investmentabteilung von Courtaulds.
Ab in den Süden
Die Episode in der europäischen Finanzhauptstadt fand bereits nach drei Jahren ein jähes Ende. 1973 hatte Neilson wieder südafrikanischen Boden unter den Füßen. Erstaunlicherweise verliert sich hier seine Fährte. Für die folgende Dekade lassen sich keine Informationen über Neilson finden.
1983 fasste er dann den Entschluss nach Australien auszuwandern und dort für Bankers Trust Australia zu arbeiten. Er bekleidete sofort die Position des Head of Retail Fund Management, sodass man schlussfolgern kann, dass sich der gebürtige Südafrikaner zuvor in seinem Heimatland einen Namen in der Branche erarbeitet haben muss. Bei Bankers Trust erlangte er auch weltweite Bekanntheit, da er durch seine Expertise und sein gutes Händchen die Turbulenzen rund um den Black Monday 1987 umschiffen konnte und sogar noch Geld für Bankers Trust Australia verdiente, während nahezu alle anderen Fondsmanager und Vermögensverwalter herbe Verluste wegstecken mussten.
Sponsored by Soros
1994 folgte Kerr Neilson dann dem Ruf der unternehmerischen Freiheit. Er versammelte den Kern seines Teams von Bankers Trust um sich und gründete seine eigene Vermögensverwaltung: Platinum Asset Management. Das nötige Kapital stellte ihm der amerikanische Starinvestor George Soros zur Verfügung. Das Unternehmen managt heute in 8 verschiedenen Fonds ca. USD 16 Mrd.
2007 brachte Neilson sein Unternehmen an die Börse. Zum Börsengang gab er 20% der Anteile ab und behielt insgesamt 57% der Aktien für sich. Das Unternehmen ist heute mit knapp AUD 3,2 Mrd. bewertet, was Kerr Neilson als größten Aktionär zu einem der reichsten Männer Australiens macht. Sein Vermögen wird auf AUD 2,4 Mrd. taxiert (ca. USD 1,8 Mrd.).
Am 01. Juli 2018 gab Neilson den Posten des CEO an den Mitgründer Andrew Clifford weiter. Er blieb dem Unternehmen aber weiterhin als Analyst und Aufsichtsratsmitglied erhalten und füllt diese Positionen noch heute aus. In der Zeit seiner Führung erwirtschaftete Platinum für seine Kunden eine durchschnittliche jährliche Rendite von 14,4%.
Privat lief es für Kerr Neilson lange Zeit ebenfalls sehr gut. Er heiratete und bekam mit seiner Angetrauten Judith zwei Kinder. Die Eheleute sind leidenschaftliche Sammler von Zeitgenössischer chinesischer Kunst und besitzen eine der umfangreichsten Sammlungen auf diesem Gebiet.
2015 ließen sich die Neilsons scheiden. Die Abfindung machte Judith Neilson zu einer der reichsten Frauen Australiens.
Investitionsstil
Kerr Neilson ist eigenen Aussagen zufolge Contrarian Investor. Die Grenze zum Value Investor ist hier verschwommen, da beide Investorengruppen großen Wert auf eine detaillierte Analyse und die Bestimmung des inneren Wertes eines Unternehmens legen. Contrarians versuchen, wie der Name schon andeutet, immer konträr zur breiten Masse zu handeln. Ein Contrarian shortet also auch gerne Aktien, die von der Mehrheit gehypt und auf enorme Bewertungen getrieben wurden. Reine Value Investoren halten sich hingegen zumeist von Shortspekulationen fern.
Laut Neilson ist eine immens wichtige Frage vor jedem Einstieg in ein Unternehmen, dass gerade mit Problemen zu kämpfen hat, folgende: sind die Probleme der Firma auf eine fundamentale Verschlechterung der Branchensituation zurückzuführen oder werden die Probleme mit der Zeit verschwinden? Sofern die Probleme nur vorübergehender Natur sind, bieten sich für Investoren hervorragende Einstiegsmöglichkeiten.
Neilson hatte während seiner Zeit am Ruder von Platinum eine Übergewichtung in chinesische Unternehmen. Generell rät er Kleinanlegern dazu, nicht nur auf dem jeweils heimischen Aktienmarkt tätig zu werden, sondern weltweit nach Investitionsmöglichkeiten Ausschau zu halten, da außerhalb der nationalen Grenzen meist vielfach attraktivere Möglichkeiten warten.
Des Weiteren ermutigt er Anleger, sich die Conference Calls der Unternehmen anzuhören, da man hier einen Eindruck des Managements gewinnen kann, wenn sie von Analysten mit spezifischen Fragen zur Geschäftstätigkeit gelöchert werden. Als letzten Tipp rät er Aktionären, sich vorzustellen, wie die Welt wohl in Zukunft aussehen könnte und auf dieser Grundlage Investitionsentscheidungen zu fällen.
Neilson setzt persönlich übrigens auf künstliche Intelligenz als Game Changer. Er geht davon aus, dass AI das nächste große Ding wird, das weitreichende Veränderungen für unser aller Leben bereithält.
Zitate
- "Wir verdienen Geld, indem wir verschmähte Unternehmen kaufen."
- "Wir verstehen nicht, warum es dieses Mal anders sein sollte."
- "Märkte nehmen Entwicklungen vorweg."
- "Der Markt ist dein ultimativer Richter."
- "Das Paradoxon ist, dass du dem Markt zuhören und dennoch eine unabhängige Meinung bilden musst."
- "Es gibt immer Möglichkeiten."
- "Die Masse tendiert dazu, einem kürzlich aufgetreten Event zu viel Gewicht beizumessen."
- "Einige wunderbare Unternehmen sind aktuell verblüffend billig."
- "Der Aktienmarkt schuldet dir nichts."
- "Die Arbitrage findet man in der Komplexität und Unsicherheit."
- "Manche Leute sind sehr gute Geschichtenerzähler, aber vergessen häufig den Abzug zu betätigen."
- "Wirtschaftliche Unsicherheit macht Investoren offensichtlich nervös."
- "Der Prozess der natürlichen Auslese versorgt uns auch weiterhin mit gewinnbringenden Industrien und Unternehmen, die wachsen und andere ersetzen."
- "Krisen sind gar nicht so selten, wie man annimmt."
- "Man muss realistische Erwartungen an sein Aktieninvestment haben."
- "Dividenden spielen eine wichtige Rolle beim Entlohnen der Aktionäre für das Risiko, welches sie tragen."
- "Das Herdenverhalten führt zwangsläufig zu Fehlpreisungen."
- "Es gibt eine natürliche Veranlagung hinsichtlich der Fortschreibung der aktuellen Lage in die Zukunft."
- "Wenn man zu viel für eine Aktie bezahlt, wird man wahrscheinlich nicht viel Geld damit verdienen."
- "Im Zentrum eines Orkans entstehen Chancen."