Portfolio-Manager mit 14 – Lee Ainslie
Lee S. Ainslie III wurde 1964 in Alexandria, Virginia, geboren. Sein Vater war Direktor der städtischen Episcopal High School. Der junge Ainslie durfte diese Schule auch besuchen. Ein schweres Los für einen Teenager. Allerdings wurde hier der Grundstein für seinen späteren Erfolg gelegt. Denn Lee trat dem Investment Club der High School bei und managte mit gerade einmal 14 Jahren sein erstes Portfolio. Paper Trading versteht sich, aber immerhin.
Hinsichtlich der universitären Ausbildung entschied sich Lee Ainslie zunächst für die University of Virginia, wo er Systems Engineering belegte (zu vergleichen mit dem deutschen Studiengang Systemtechnik). Das Jahr seines Abschlusses ließ sich nicht genau bestimmen, allerdings muss es gegen Ende der 1980er Jahre gewesen sein. Ainslie startete anschließend ins Berufsleben und nahm eine Beschäftigung als Buchhalter bei der Firma Peat Marwick (heute Teil von KPMG) auf. Scheinbar war sein Hunger nach Bildung noch nicht gestillt, sodass Ainslie in den Vorlesungssaal zurückkehrte und an der University of North Carolina (UNC) einen MBA absolvierte. Den Titel bekam er 1990 verliehen.
Tiger is calling
Lee Ainslie hegte während seines MBA-Studiums Überlegungen, seine Karriere in einer Investmentbank fortzusetzen. Eines Tages jedoch traf er auf dem Campus der UNC einen der berühmtesten Alumni der Universitätsgeschichte: Julian Robertson. Der Tiger-Management-Gründer war mit seinem Hedge Fund bereits 10 Jahre am Markt, suchte aber nach wie vor fähige Mitarbeiter, da sich die Zahl seiner angestellten Investment-Profis auf gerade einmal 8 belief. Robertson fand Gefallen am jungen Ainslie und dessen Expertise und bot ihm einen Job an, sobald Ainslie sein Studium beendet hätte. Und auf einem Schlag waren alle Pläne hinsichtlich einer Anstellung im Investmentbanking verflogen.
Ainslie stieg also 1990 bei Tiger Management ein. Zu dieser Zeit waren noch alle Analysten (nun auf 9 angewachsen) Generalisten, die versuchten, den kompletten Aktienmarkt im Blick zu behalten und aus der Vielzahl von Unternehmen die aussichtsreichsten zu identifizieren. Kurze Zeit nach Ainslies Arbeitsaufnahme wurde dieses System umgestellt, sodass jedem Analysten ein Spezialgebiet zugewiesen wurde, um welches er sich ausschließlich kümmern sollte. Lee Ainslie war für Technologiewerte zuständig.
Maverick
Die Erfolge bei Tiger Management konnten sich Anfang der 1990er Jahre absolut sehen lassen und Lee Ainslie trug auf seinem Spezialgebiet viel dazu bei, dass Robertsons Hedge Fund überdurchschnittlich hohe Renditen einfuhr. Diese Erfolge blieben natürlich nicht unerkannt. So trat 1992 der texanische Software-Milliardär und Unternehmer Sam Wyly an Lee Ainslie heran und wollte diesen dafür begeistern, sein Vermögen zu verwalten. Ainslie war eigentlich sehr glücklich mit seiner Position bei Tiger Management, konnte aber letztlich der Versuchung sein eigener Chef zu sein, nicht widerstehen. So verließ Ainslie Julian Robertson und gründete am 01. Oktober 1993 Maverick Capital in Dallas (er heiratete übrigens seine Frau Elizabeth einen Tag später am 02. Oktober). Damit war auch eines der ersten Tiger Cubs geboren. Wyly stellte dem jungen Investor ein Startkapital von USD 38 Mio. zur Verfügung und Ainslie bemühte sich um weitere Kunden. Gerade in den Anfangsjahren fuhr Ainslie mit Maverick jährliche Renditen von nahezu 20% ein, was die Kundensuche natürlich erheblich vereinfachte. Alles lief sogar so gut, dass Ainslie seinen Partner Wyly im Frühjahr 1997 herauskaufte. Heute managt das Unternehmen über USD 7 Mrd. in 8 verschiedenen Fonds.
Ainslie hat Maverick ähnlich dem Spezialistenmodell von Tiger konstruiert. Diverse Analysten sind in 6 Teilbereichen tätig, die nach Industrien geordnet sind (Verbrauchsgüter, Gesundheitswesen, Zykliker, Einzelhandel, Finanzdienstleister und Telecom/Media/Technologie). Ainslie ist im permanenten Dialog mit den 6 Chefs der Abteilungen und entscheidet letztlich über alle Käufe und Verkäufe.
Das neueste Projekt von Maverick ist Quant Investing. Dafür hat man extra 2 kleine Fonds aufgesetzt, die entgegen der gängigen Praxis bei Maverick kein Stock Picking betreiben, sondern Anlageentscheidungen von quantitativen Modellen treffen lassen.
Stil
Lee Ainslie ist ein klassischer Stock Picker. Er kauft Aktien, wenn er denkt, dass das Unternehmen stärker wachsen wird als der Markt. Und er shortet Aktien, wenn er denkt, dass das betreffende Unternehmen Probleme hat und an Wert verlieren wird. Für seine Geschäfte nutzt Ainslie ausschließlich Aktien und keine derivativen Finanzprodukte. Allerdings leiht sich der Investor des Öfteren Geld, um sich einen Kredithebel zu verschaffen. In seinem Stil ist Robertsons Handschrift klar erkennbar. So gibt es für Ainslie nur die Kategorien Buy oder Sell und kein Hold. Es steht immer eine Frage im Mittelpunkt: Sollte ich mehr Aktien vom Unternehmen kaufen? Wenn ja, dann kauft man diese. Wird die Frage mit jedoch mit nein beantwortet, wird verkauft und nicht abgewartet.
Maverick stellt an seine Investitionen eine Mindestanforderung hinsichtlich der Liquidität. So muss das tägliche Handelsvolumen eines potentiellen Investments bei über USD 10 Mio. liegen. Die Firma investiert rund um den Globus.
Das Verhältnis von Longs zu Shorts ist 1,5:1. Diese Übergewichtung der Longseite wird schlichtweg damit begründet, dass der Markt über die Zeit nach oben tendiert.
Besonderen Wert legen Ainslie und seine Mannen auf die Fähigkeiten und Integrität des Managements sowie einen hohen Free Cash Flow und die Verständlichkeit der Bilanz. Ainslies liebste Kennzahl ist der Free Cash Flow im Verhältnis zum Firmenwert.
Bei der Recherche zum Unternehmen wird versucht, so viel wie nur möglich über die Firma herauszufinden. Dabei geht es immer um die Frage, wie nachhaltig das Gewinnwachstum der Firma sein wird. Hierzu werden Gespräche mit allen Stakeholdern des Unternehmens geführt. Ähnlich der Methode der ‚Gerüchteküche‘ von Phil Fischer werden von Angestellte bis Zulieferer alle Gruppen befragt, die Informationen zum Unternehmen liefern können.
Keine Position im Portfolio von Maverick ist größer als 8% des Gesamtkapitals und der Haltehorizont beträgt 1-3 Jahre. Das Unternehmen hat normalerweise um die 160 Positionen gleichzeitig.
Die Performance von Maverick beträgt hervorragende 13% durchschnittliche Jahresrendite seit Gründung.
Lee Ainslies Vermögen wird auf USD 1 Mrd. geschätzt. Er ist nach wie vor mit seiner Frau Elizabeth verheiratet, die als Innenarchitektin tätig ist und ein eigenes Büro betreibt. Beide haben zusammen 2 Kinder.
Ainslie wird in 3 Büchern charakterisiert: Hedge Hunters (Katharine Burton), New Investment Superstars (Lois Peltz) und The Big Win (Stephen Weiss).
Zitate
– "Wenn der Schmerz am größten ist, musst du deine Disziplin bewahren."
– "Ich war in der Lage von fast jedem Buch, dass ich gelesen habe, etwas zu lernen."
– "Wenn eine Woche vergeht ohne dass ich etwas Neues gelernt habe, dann war diese Woche wahrlich verschwendet."
- "Wenn du dich nicht verbesserst, bleibst du unter Umständen zurück."
- "Mit anderen Worten, wir haben kein Problem damit, billige Aktien zu shorten, wenn wir langfristig strukturelle Schwierigkeiten oder Wettbewerbsprobleme sehen."
- "Zuallererst versuchen wir das Geschäftsmodell zu verstehen."
- "Unser Erfolg gründet auf vielen guten Entscheidungen und nicht auf ein paar großen Home Runs."
- "Ein Leerverkäufer ist der einzige garantierte Käufer, den ein Unternehmen hat."
- "Unser Ziel ist es mehr über jedes Unternehmen, in welches wir investieren zu wissen, als alle anderen nicht-Insider wissen."
- "In manchen Situationen ist es auf der Short-Seite sehr wichtig, die Courage zu haben, seine Position zu halten oder sogar aufzustocken."
- "Eine Sache, die ich von Julian Robertson lernte, ist das Konzept der nicht existierenden ‚Holds‘. Jeden Tag bist du bereit mehr einer Aktie zum aktuellen Kurs zu kaufen, und wenn nicht, dann solltest du dein Kapital abziehen und es dort einsetzen, wo du glaubst, dass es besser aufgehoben ist."
- "Egal was es ist, aber hoffentlich lerne ich heute etwas."
- "Menschen und Firmen zu bewerten sind zwei verschiedene Dinge."
- "Unsere Aktienauswahl war schrecklich. Unsere Shorts notierten höher als unsere Longs."
- "Ob du einen Porsche oder einen Ferrari fährst, spielt keine Rolle, wenn die Höchstgeschwindigkeit bei 65 Km/h liegt."
- "Generell fokussieren wir uns auf der Short-Seite auf schwache Fundamentaldaten kombiniert mit hartem Wettbewerb, vorzugsweise mit einem schwachen Management ausgestattet."