Zum Ökonom berufen – John Maynard Keynes
John Maynard Keynes wurde am 05. Juni 1883 in Cambridge, England, als Sohn des Universitätsprofessors und Ökonom John Neville Keynes und seiner Frau, der Sozialreformerin Florence Ada Keynes, geboren. Er war das Erste von drei Kindern. Bereits im Alter von 5 Jahren zeigte der junge Keynes eine Begabung für Arithmetik. Aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes fehlte er vermehrt im Kindergarten und begann auch mit der Schule relativ spät. In dieser Zeit unterrichteten ihn sein Kindermädchen und seine Mutter. 1892 begann Keynes dann mit seiner schulischen Ausbildung. Es stellte sich schnell heraus, dass Keynes sehr begabt war. Er war Klassenbester und herausragend in Mathematik. Daraufhin bekam er ein Stipendium für das Eton College. 1902 erhielt Keynes ebenfalls ein Stipendium für die Universität in Cambridge. Er zeigte großes Potential in Mathematik und Philosophie. Entscheidend beeinflusst wurde er von Alfred Marshall, der ihn darum bat, Ökonom zu werden.
1904 erhielt Keynes seinen Bachelor in Mathematik. In den folgenden zwei Jahren konnte sich der angehende Ökonom noch nicht von der Universität lösen und vertiefte sein Wissen in Philosophie und Wirtschaftswissenschaften weiter.
Der Einstieg in den Beruf
Im Oktober 1906 begann Keynes seine Karriere im öffentlichen Dienst im India Office in London. Bereits 1908 war er jedoch von dieser Tätigkeit gelangweilt und ging zurück nach Cambridge, um dort an der Wahrscheinlichkeitstheorie zu arbeiten. Vorerst wurde er privat gesponsert, und zwar zum einen von seinem Vater und zum anderen vom Wirtschaftswissenschaftler Arthur Pigou. Ein Jahr später veröffentlichte Keynes seinen ersten wissenschaftlichen Artikel im Economics Journal und begann am Lehrstuhl für Ökonomie zu lehren. Die Dozententätigkeit wurde von Alfred Marshall privat finanziert. 1911 wurde er dann zum Editor des Magazins The Economic Journal. Zwei Jahre später veröffentlichte er sein erstes Buch Indian Currency and Finance. Daraufhin wurde er in die Royal Commission berufen, welche sich praktisch mit der indischen Währung und den indischen Finanzen auseinandersetzte. Keynes zeigte großes Talent bei der Umsetzung von Wirtschaftstheorie in die Praxis.
Der Erste Weltkrieg
Zu Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 bat die Regierung in London bereits um Keynes' Expertise. Er beriet zuerst den Finanzminister Lloyd George und nahm dann 1915 eine offizielle Position beim Finanzministerium an. Er war vor allem am Kreditsystem der Briten und der Akquisition von knappen Währungen beteiligt. Aufgrund seiner herausragenden Leistungen wurde Keynes nach Kriegsende als Repräsentant zur Versailler Friedensverhandlung entsandt.
Die Erfahrungen von Versailles sollten Keynes prägen. Er war ein Verfechter von geringen Reparationszahlungen der Deutschen. Dies diente seinen Überlegungen nach nicht nur der deutschen Bevölkerung, sondern der am Boden liegenden Weltwirtschaft im Allgemeinen. Jedoch sorgten konservative Kräfte dafür, dass Keynes bei den Hauptversammlungen nicht zur Sprache kam. Er musste also vor allem hinter den Kulissen operieren und versuchen, möglichst großen Einfluss auf einige Schlüsselfiguren zu nehmen. Dies waren Lloyd George, Clemenceau und Woodrow Wilson. Keynes hatte nur Zugang zu George, und dieser hatte den Wählern ein hartes Vorgehen gegen die Deutschen versprochen. Einzig Wilson bewies damals Weitsicht und plädierte ebenfalls für geringe Reparationen, wurde aber von den anderen beiden überstimmt. Die Ergebnisse der Verhandlungen widersprachen Keynes sowohl moralisch, wie auch wirtschaftlich, sodass er sein Amt niederlegte. Er schrieb im selben Jahr ein Buch, in welchem er die potentiell gefährlichen Ergebnisse des Friedensvertrages analysierte. Dieses Buch gilt als Keynes' bestes Werk, da er dort sowohl seine Leidenschaft, als auch seine ökonomische Expertise ausspielte. Keynes verurteilte den Frieden aufs Schärfste und sagte einen schrecklichen Krieg voraus.
Sein Hauptwerk
In den 1920er Jahren verfasste Keynes einige Abhandlungen und versuchte weiterhin auf die Wirtschaftspolitik der Briten Einfluss zu nehmen. Zum einen wollte er eine Revision des Versailler Vertrages, zum anderen forderte er eine Abschaffung des Goldstandards.
Während der Weltwirtschaftskrise schrieb Keynes weitere Bücher, welche die Ursachen für die Krise erläuterten und Anleitungen für den Umgang einer Regierung mit einer solchen Krise an die Hand gaben. Sein Werk aus 1933, The Means to Prosperity, welches seine antizyklische Fiskalpolitik beschrieb, wurde von den Regierenden der Welt durchaus ernst genommen und ebnete den Weg für die spätere Akzeptanz seiner Ideen. Sein Hauptwerk The General Theory of Employment, Interest and Money erschien 1936. Das Buch diente als theoretische Beweisführung für seine antizyklische Wirtschaftspolitik (Deficit Spending). Er wandte sich mit diesem Werk teilweise gegen seine klassisch-geprägten Lehrmeister Marshall und Pigou und stellte fest, dass die Nachfrage die treibende Kraft der Wirtschaft ist, und nicht wie zuvor angenommen das Angebot. Keynes argumentiert, dass hohe Arbeitslosigkeit und ungenutzte Produktionskapazitäten nur überwunden werden können, wenn man zu erst die Ausgaben für Investitionen oder Konsum erhöht – und dass ohne das Eingreifen der Regierung eine Volkswirtschaft in diesem Gleichgewicht aus hoher Arbeitslosigkeit und geringem Konsum gefangen bleiben könne. Er forderte also den aktiven Eingriff des Staates in die Wirtschaftspolitik eines Landes.
Späte Jahre
Keynes erlitt 1937 einen Herzinfarkt, was ihm die direkte Teilnahme an der Diskussion über sein Werk verwehrte. Während des Zweiten Weltkrieges legte er seine Energie in die Frage nach der Kriegsfinanzierung. 1941 nahm er eine Stelle bei der Bank of England an. Als der Sieg der Alliierten sicher schien, wurde Keynes in den Verhandlungen zu Bretton Woods 1944 als Kopf der britischen Delegation und als Vorsitzender der Weltbank eingesetzt. Er starb 1946. John Maynard Keynes war seit 1925 mit der russischen Balletttänzerin Lydia Lopokova verheiratet.
Seine Ideen wurden erst nach seinem Tod umgesetzt und erlebten in der Finanzkrise 2008 und 2009 ein Revival. Keynes gilt als einer der wichtigsten Ökonomen des 20. Jahrhunderts und als Begründer der modernen Makroökonomie. Außerdem brachte es Keynes zu einem Vermögen von inflationsbereinigt GBP 11 Mio.
Zitate
- "Das Geheimnis des erfolgreichen Börsengeschäftes liegt darin, zu erkennen, was der Durchschnittsbürger glaubt, daß der Durschnittsbürger tut."
- "Die hervorstechenden Fehler der wirtschaftlichen Gemeinschaft, in der wir leben, sind ihr Versagen, für Vollbeschäftigung Vorkehrungen zu treffen und ihre willkürliche und unbillige Verteilung des Reichtums und der Einkommen."
- "Die Märkte können länger irrational bleiben als Du solvent!"
- "Die Schwierigkeit liegt nicht in den neuen Ideen, sondern darin, den alten zu entfliehen."
- "Drei Dinge treiben den Menschen zum Wahnsinn. Die Liebe, die Eifersucht und das Studium der Börsenkurse."
- "Es gibt nichts, was so verheerend ist, wie ein rationales Anlageverhalten in einer irrationalen Welt""
- "Solange die Nationalökonomen leben, nimmt niemand von ihnen Notiz, und wenn sie tot sind, richten sie großen Schaden an."
- "Der Kapitalismus basiert auf der merkwürdigen Überzeugung, dass widerwärtige Menschen aus widerwärtigen Motiven irgendwie für das allgemeine Wohl sorgen werden."
- "Auf lange Sicht sind wir alle tot."
- "Gute, ja kompetente Ökonomen sind wahrhaft seltene Vögel."
- "Die Ideen der Ökonomen und Philosophen, seien sie richtig oder falsch, sind mächtiger, als man im Allgemeinen glaubt. Um die Wahrheit zu sagen, es gibt nichts Anderes, das die Welt beherrscht."
- "Um die Zukunft der Aktie einzuschätzen, müssen wir die Nerven, Hysterien, ja sogar die Verdauung und Wetterfühligkeit jener Personen beachten, von deren Handlungen diese Geldanlage weitgehend abhängt." - "Ideen formen den Kurs der Geschichte." - "Die Wichtigkeit von Geld rührt daher, dass es die Gegenwart und die Zukunft miteinander verknüpft."