Portfoliocheck: Mario Gabelli spielt den Megatrend Recycling mit Waste Management
Aufklärung über Eigenpositionen: Diese Aktien aus dem Artikel halten TraderFox-Redakteure aktuell
Als Sohn italienische Einwanderer hat sich Mario Gabelli seinen Erfolg hart erarbeiten müssen. Während seiner Schulzeit jobbte er als Caddy und schnappte vieles über Aktien und die Börse auf; seine ersten Aktienmarktberichte las er mit 13 Jahren. Dank herausragender schulischer Leistungen erhielt er ein Stipendium und schloss an der Columbia Business School mit einem Master of Business Administration ab. Sein Lehrmeister war Roger Murray, der als ausgewiesener Fachmann für Value Investing den Lehrstuhl von niemand anderem als Benjamin Graham übernommen hatte, dem Ziehvater von Warren Buffett.
Direkt im Anschluss an sein Studium begann Gabelli als Analyst bei Loeb, Rhoades & Co., wo er seinen eigenen Bewertungsansatz für börsennotierte Unternehmen kreierte, basierend auf den Lehren von Graham und Murray. Hierbei bestimmt er zunächst den Marktwert eines Unternehmens aus Sicht eines strategischen Käufers. Gabelli ergänzte also den Zerschlagungswert eines Unternehmens um eine strategische Übernahmeprämie, die ein gut informierter Investor zahlen würde.
Die Schwäche dieses Ansatzes ist, dass nicht jedes Unternehmen zu jedem Zeitpunkt ein Übernahmeziel ist und daher zwischen Kaufzeitpunkt und Übernahme ein bisweilen langer Zeitraum liegen kann. Da für Gabellis Bewertungsansatz allerdings nicht eine reale Übernahme notwendig ist, sondern lediglich, dass die Bewertung durch den Markt die hierzu ermittelte Übernahmeprämie auf den intrinsischen Wert einpreist, hat Gabelli seinen Ansatz um eine Zeitkomponente erweitert, den Katalysator. Als Katalysator oder Trigger definiert er Ereignisse, die zu einem schnellen Anstieg des Marktpreises führen und so die Diskrepanz zwischen intrinsischen Unternehmenswert und Börsenpreis abbauen. Das können zum Beispiel Gesetzesänderungen sein, neue Technologien, der Einstieg aktivistischer Investoren oder der Spin Off von Unternehmenssparten.
1977 gründete Gabelli dann eine eigene Vermögensverwaltung namens Gabelli Investors, die später in GAMCO Investors umfirmierte. Seit 1986 ist GAMCO selbst börsennotiert und hat mehrere Fonds aufgelegt, in denen Gabelli sein eigenes und das Geld seiner Kunden anlegt.
Gabellis Zielunternehmen weisen bestimmte Merkmale auf: sie verfügen über einen hohen Geldbestand, große Vermögenswerte wie beispielsweise Grundstücke, einen ökonomischen Burggraben und möglichst einen großen Aktienblock in den Händen eines Gründers ohne Nachkommen. Darüber hinaus legt er sehr großen Wert auf einen hohen Cashflow, um Rückschlüsse auf die zukünftige Gewinnentwicklung zu ziehen. Seine These lautet: schrumpft der jährliche Free Cashflow, wird in den Folgejahren auch der Unternehmensgewinn zurückgehen.
Mario Gabellis Käufe und Verkäufe (Top-Veränderungen)
In Gabellis Portfolio hat im ersten Quartal 2019 der Spartenverkauf an Disney seitens Twenty-First-Century Fox zu größeren Bewegungen geführt. Die entsprechenden Aktien wurden ausgebucht und an ihrer Stelle die "Reste" der FOX Corp. eingebucht. Den Abgang der Sparte kompensierte Gabelli aktiv, indem er seine Position bei Walt Disney verachtfacht hat.
Ganz neu aufgenommen hat Gabelli Spark Therapeutics und Ellie Mae, während er bei Red Hat seine Position verfünffachte, um die letzten Dollar aus der Übernahme durch IBM zu quetschen. Abgegeben hat er im Gegenzug bei Tribune Media.
Mario Gabellis Portfolio (Top-Positionen)
Im ersten Quartal 2019 blieb der Industriesektor mit 30 Prozent trotz eines Rückgangs um 0,8 Prozent der am stärksten gewichtete Sektor in den Fonds von GAMCO. Auf Platz zwei folgen die zyklischen Konsumwerte mit 21,3 Prozent (plus 0,9) vor den Financial Services mit 9,75 Prozent (minus 0,4), den defensiven Konsumwerten mit 7,75 Prozent (minus 0,2) und den Technologiewerten mit 6,65 Prozent (plus 0,6).
Bei den größten Positionen hat sich in Gabellis Portfolio nicht viel getan. Auffällig ist allerdings, dass Sony vom zweiten Platz deutlich abgerutscht ist und nun nur noch den achten Rang belegt. Mit Amercian Express und dem Asset Manager Bank of New York Mellon hat er zwei Finanzwerte hoch gewichtet auf den Plätzen drei und vier, die sich auch bei Warren Buffett hoher Gunst erfreuen und schon viele Jahre fester Bestandteil des Depots von Berkshire Hathaway sind.
Mit einem Depotanteil von 0,56 Prozent gehört Waste Management nicht zu den vordersten Positionen in Gabellis Portfolio und mit 0,2 Prozent Anteilsbesitz ist er auch nicht gerade der größte Aktionär des größten Entsorgungsspezialisten der USA. Dennoch passt der Wert hervorragend in sein Beuteschema.
Aktie im Fokus: Waste Management
Während hierzulande die Müllentsorgung zumeist von den Kommunen bzw. Landkreisen organisiert wird, ist das Thema in den USA eines der Privatwirtschaft. Und einer der ganz Großen der Branche ist das Unternehmen Waste Management Inc. Die Texaner aus Houston betreiben rund 250 aktive Mülldeponien sowie 90 Recyclinganlagen und versorgen damit 21 Millionen Kunden in den USA und Kanada. Die durchschnittliche Restgenehmigungsdauer liegt bei 21 Jahren. Die Größe des Unternehmens ist beeindruckend und sie ist nicht nur Zukäufen geschuldet, denn abgesehen von kleineren Übernahmen hat sich hier bei Waste Management in den letzten Jahren nicht viel getan. Ebenso wenig beim Umsatz, der seit Jahren moderat von 13 auf 14,5 Milliarden Dollar zulegte. Wir können also festhalten, dass es sich bei Waste Management um ein eher langweiliges Unternehmen handelt und keinesfalls um ein angesagtes Wachstumsunternehmen. Dennoch sprechen einige Gründe dafür, dass Waste Management ein durchaus interessantes Investment sein könnte und das liegt natürlich in dem Sektor, in dem WM aktiv ist.
Müll ist dreckig, Müll stinkt, kaum jemand verbindet mit diesen Begriffen positive Assoziationen. In der kalten Jahreszeit sieht oder vielmehr riecht man zumeist darüber hinweg, aber an heißen Sommertagen sind die stinkenden Mülltonnen keine Freude für empfindsame Nasen. Daher sind die meisten Menschen froh, wenn sie endlich aus ihrem Blickfeld verschwinden und nicht weiter die Sinne belästigen. Und wenn man sich die Müllmänner so ansieht, kommt man auf den ersten Blick nicht darauf, dass hier viel Geld zu verdienen ist. Doch der Schein trügt, denn das heutige Müllmanagement wird zunehmend zum "Urban Mining".
Die Abfallentsorger, wie sie früher hießen, verdienten schon immer prächtig. Jahrzehntelang betrieben sie Sammelhalden und Verbrennungsanlagen, um den Müll loszuwerden, doch irgendwann setzte ein Umdenken ein. Denn es ist nicht gerade umweltschonend, wenn man Löcher in den Boden gräbt, diese Gruben mit jeder erdenklichen Art von Müll auffüllt und dann einfach Erde drüber schaufelt. Die Stoffe gären, es entstehen giftige chemische Verbindungen, die durch Regenwasser dann in unser Grundwasser einsickern. Und auch die Emissionen der Müllverbrennungsanlagen werden zunehmend kritischer hinterfragt und die zulässigen Grenzwerte immer weiter verschärft.
Das Umdenken führte auch zu einem neuen Umgang mit dem Problem. Zum einen setzt man inzwischen stärker auf Müllvermeidung als auf Müllentsorgung und daneben begann sich die Erkenntnis durchzusetzen, dass Müll nicht nur Abfall darstellt, sondern eben auch Wertstoffe enthält. Man begann, die hochwertigen Stoffe auszusortieren, um sie wiederzuverwerten. Und mit einer immer schneller voranschreitenden Technisierung, vor allem im Bereich der Optoelektronik, werden immer ausgefeiltere Sortiermaschinen möglich. Gerade in einem rohstoffarmen Land wie Deutschland ist die Mehrfachverwendung der Wertstoffe eine ausgezeichnete Idee, die die Umwelt und den Geldbeutel schont.
Megatrend "Urban Mining"
Und man geht sogar noch weiter und beprobt Altdeponien und forscht dort nach Giftstoffen. Nicht nur mit dem Hintergedanken, etwas Gutes für die Umwelt zu tun, sondern auch mit der Aussicht, Edelmetalle und wichtige Rohstoffe aus den Abfällen der Nachkriegszeit zu holen, die völlig unbearbeitet einfach weggeschmissen wurden. Dem Recycling von Altmüllbeständen könnte eine große Zukunft bevorstehen. Neben Stahl und Kupfer finden sich insbesondere in ausgemusterten Elektronikgeräten viele wertvolle Stoffe, die man auch als "Seltene Erden" kennt, wie Kobalt, Nickel oder Palladium. Und Gold. All das wird in Iphones und ähnlichen Produkten verbaut. Natürlich in kleinsten Mengen, doch bei den Millionenstückzahlen an verkauften Geräten pro Jahr kommt hier eine nicht unerhebliche Menge zusammen. Zwischen drei und vier Tonnen Müll produziert die Weltbevölkerung täglich, Tendenz stark steigend. Weil die Weltbevölkerung zunimmt und dabei immer Menschen zu Wohlstand kommen und auch weil die Produktzyklen immer kürzer werden. Des Weiteren gibt es immer mehr Single-Haushalte und damit einen erhöhten Bedarf an Wohnungseinrichtungen und Verpackungen für kleinere Portionen, sowie die steigende Wegwerfmentalität dank Online-Shopping und Sparkonsum. Ein Zwei-Euro-T-Shirt von KiK hält eben auch nur bis zur ersten Wäsche und wird dann weggeworfen, während man früher Klamotten für mindestens eine Saison kaufte. Und Männer auch für länger, aber das ist eine andere Geschichte…
Was den Elektroschrott angeht, so entsorgt jeder Mensch rund sechs Kilogramm davon pro Jahr, was sich weltweit auf 45 Millionen Tonnen summiert. Und nur ein Bruchteil hiervon wird heute schon wiederverwertet. Weltweit sind es knapp 20 Prozent, in Europa immerhin bereits 30. Das hängt nicht nur mit des gesetzlichen Vorschriften und Rücknahmeverpflichtungen für Altgeräte zusammen, sondern die Unternehmen entdecken selbst den Wert der Altgeräte. So konnte Apple 2017 aus alten Iphones etwa eine Tonne Gold zurückgewinnen und somit fast 35 Millionen Dollar einsparen.
Doch Recycling wird noch aus einem anderen Grund ein viel drängenderes Thema, denn China hat verkündet, bald keinen Plastikabfall aus der EU mehr anzunehmen und Indonesien hat gerade damit begonnen, kanadischen Müll zurückzuschicken. Die Industrieländer müssen also ganz schnell selbst damit klar kommen. Und dabei geht es um riesige Mengen.
"Fridays für Future" als Wachstumskatalysator
Obwohl wir uns rühmen, Mülltrennweltmeister zu sein und so hohe Recycling-Quoten zu haben, ist das weitgehend Augenwischerei. Was im Gelben Sack landet gehört da nur zu 40 Prozent hinein, alles andere sind Verpackungen, die anders entsorgt werden müssten. Und darunter sind zu einem nicht unerheblichen Teil Verbundmaterialien aus verschiedenen Kunststoffen, die nur unter sehr hohem Aufwand und Kosten getrennt werden könnten. Daher lässt man das und verschifft sie lieber nach Afrika und vor allem Asien, denn die dortigen Länder sichern vertraglich zu, für eine umweltgerechte Entsorgung zu sorgen. Was aber niemand überprüft! Die deutschen, amerikanischen, kanadischen Müllentsorger haben einen schönen Zettel, der ihre Westen weiß waschen soll, und die Asiaten haben das Müllproblem am Hals. Wer sich also fragt, wie die Millionen von Tonnen Plastikabfälle in die Ozeane kommen, hat soeben seine Antwort bekommen.
Inzwischen ist das Müllproblem an asiatischen Stränden so groß geworden, dass das schnelle Geld nicht mehr attraktiv genug ist und die Länder jetzt die Reißleine ziehen. Für die Umwelt und die Meere ist das eine gute Nachricht, denn nun sind die reichen Industriestaaten gefordert, den Müll wirklich zu recyceln, fachgerecht zu entsorgen oder (und das wäre noch besser) von Anfang an auf Müllvermeidung zu setzen. Und das wird teuer. Denn die Sortierung erfolgt noch oft von Hand, gerade wenn es um Verbundstoffe geht. Hier werden neue Sortieranlagen und mehr Personaleinsatz nötig werden. Und zusätzliche Müllverbrennungsanlagen und Recyclinganlagen. Die können nicht über Nacht entstehen, sondern es wird eine Weile dauern, bis die entsprechenden Pläne fertig, die Genehmigungsverfahren abgeschlossen sind und der Bau der Anlagen durchgeführt ist.
Greta als Door-Opener
Greta Thunberg und ihre Fridays for Future-Bewegung werden das Problem nicht lösen. Aber sie könnten den Weg ebnen für die Lösung. Die darin besteht, mehr Energie und mehr Geld in und mehr Interesse auf das Thema Müll, Recycling, Vermeidung zu legen. Wenn Müllgebühren steigen, beschweren sich die Bürger. Wenn das Geld allerdings für einen guten Zweck verwendet wird, steigt die Akzeptanz. Und als rohstoffarmes Land würde Deutschland bei erhöhtem Recyclinganteil überdurchschnittlich profitieren.
Das Thema Klima und Umweltschutz ist allerdings kein örtliches, sondern ein globales. Und auch wenn die USA momentan einen Präsidenten haben, der hier einen siebziger Jahre-Kurs fährt und die wachsenden Probleme einfach ausblendet, agieren die 50 Bundesstaaten in den USA in Umweltfragen doch oft mit größerer Autonomie von Washington. Daher ist davon auszugehen, dass auch in den USA dem Thema Müllentsorgung und Recycling künftig noch mehr Bedeutung beigemessen wird. Und als Branchenprimus wird vor allem Waste Management davon profitieren.
Mario Gabelli hat dies frühzeitig erkannt. Und sein gesuchter Katalysator könnte Greta sein. Aktionäre profitieren von den hohen Cashflows und Gewinnen durch massive Aktienrückkäufe und Dividendensteigerungen und einem immer weiter steigenden Aktienkurs. Der ökonomische Burggraben von Waste Management ist kaum zu überwinden, denn der Markt für Abfallentsorgung und –behandlung ist typischerweise ein regionaler Markt und die Unternehmen werden auf Basis von staatlichen Lizenzen tätig. Die Deponien und Anlagen kosten viel Geld und beide Faktoren zusammen schotten die Unternehmen gegen Wettbewerber gut ab. Man könnte von monopolartigen Strukturen sprechen. Da die Müllmengen weiter anwachsen, fließen auch die Einnahmen entsprechend stetig, wodurch das Geschäft relativ gut planbar ist.
Bill Gates ist der zweitgrößte Aktionär
Vermutlich sind es diese Gründe, weshalb Microsoft-Gründer Bill Gates sich so stark bei Waste Management eingekauft hat. Über seine Beteiligungsgesellschaft Cascade Investment und die Bill und Melinda Gates Stiftung kontrolliert er zusammen knapp 7,5 Prozent der Aktien des Unternehmens und ist damit der zweitgrößte Aktionär direkt hinter der Vanguard-Group, aber noch vor Blackrock. Und auch wenn der ehemals reichste Mensch der Welt sich immer stärker im Bereich des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit engagiert, treiben ihn bei seinen Aktieninvestments eher kaufmännische Impulse an: die Aussicht auf gute Gewinne. Und was für Bill Gates, den Freund und Fan Warren Buffets, als Investment gut genug ist, sollte auch Otto Normalanleger zu schätzen wissen…
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