SPACS - Die besseren IPOs?
Aufklärung über Eigenpositionen: Diese Aktien aus dem Artikel halten TraderFox-Redakteure aktuell
Liebe Leser,
SPACs (Special purpose acquisition company), auch "Blankoscheck"-Unternehmen, sind im Moment vor allem am US-Markt stark im Trend. Diese zu Beginn inhaltslosen Mantelgesellschaften ohne operatives Geschäft sammeln an der Börse Kapital ein, um anschließend mithilfe des eingesammelten Kapitals ein privates Unternehmen zu kaufen und mit diesem zu fusionieren. Somit wird das private Unternehmen durch die Übernahme öffentlich handelbar. Für das fusionierte Unternehmen ist dieser Prozess also eine Alternative zu einem klassischen Börsengang. Im Mittelpunkt eines SPACs steht häufig das Management, das auf der Suche nach einem potenziellen Übernahmekandidaten ist. Auf der Roadshow des SPACs vor potenziellen Investoren werden dementsprechend in der Regel die Fähigkeiten und Erfahrungen des Managements präsentiert. Das Management wird bei SPACs auch als Sponsor bezeichnet. Sie kommen häufig aus dem Private-Equity-Bereich und bringen Übernahmeerfahrungen mit. Hier ist zum Beispiel Apollo oder der Hedgefonds-Manager Bill Ackmann zu nennen. Ein erfolgreicher Track Record und eine gewisse Bekanntheit des Managements sind von Vorteil. Oftmals erhält das "neue" Unternehmen sogar einen neuen Börsenticker und die Aktionäre bekommen die dazugehörigen Aktien. In anderen Worten geht also das SPAC erst an die Börse, bevor ein potenzielles Übernahmeziel identifiziert wird. Bis zur Ankündigung einer potenziellen Übernahme hat das Management in der Regel zwei Jahre Zeit. Der Zeitrahmen ist vorher festgelegt. In dieser Zeit wird das eingesammelte Kapital auf einem Treuhandkonto mit dem risikolosen Marktzins angelegt. Hier wird zum Beispiel in kurz laufende US-Staatsanleihen investiert. Ob der Zusammenschluss am Ende stattfinden wird, wird auf der Hauptversammlung abgestimmt. Wird in dem zuvor bestimmten Zeitraum keine Übernahme durchgeführt, wird der SPAC aufgelöst und das eingesammelte, auf dem Treuhandkonto verzinste Kapital an die Aktionäre zurückbezahlt. Nasdaq hat die Funktionsweise eines SPACs graphisch zusammengefasst:
Quelle: Nasdaq
Anhand der Grafik kann ein SPAC in zwei Phasen unterteilt werden:
1) SPAC: Das Management der Mantelgesellschaft ist auf der Suche nach potenziellen Übernahmekandidaten.
2) "de-SPACing": Der SPAC wird nach der Übernahme des privaten Unternehmens zu einem operativ tätigen Unternehmen.
Nachdem ich auf die Funktionsweise von SPACs eingegangen bin, möchte ich im Folgenden auf die Vorteile, sowohl aus Unternehmenssicht als auch aus Aktionärssicht, eingehen. Wenn sich ein Unternehmen von einem an der Börse gelistetes SPAC übernehmen lässt, hat das einige Vorteile für das Unternehmen. Das sind die wichtigsten Vorteile im Überblick:
1) Preisstabilität: Auch wenn bei einem klassischen IPO von den Banken eine Emissionspanne angegeben wird, ist der Ausgabepreis der Aktien bis zum Schluss nicht vorherzusagen. Bei einem SPAC dagegen kann das Managementteam den Kaufpreis des zu übernehmenden Unternehmens exakt bestimmen.
2) Geschwindigkeit: Im Vergleich zu einem normalen Börsengang ist ein SPAC eine schnellere Möglichkeit, um an die Börse zu kommen. Die Schnelligkeit lässt sich unter anderem damit begründen, dass das Unternehmen sich nicht um neue Investoren kümmern muss. Diese Aufgabe kann vor allem in einer Krise, wie in der vergangenen Corona-Krise, herausfordernd sein. Ein normaler IPO ist dagegen sehr aufwendig und deutlich zeitintensiver.
Auch für Aktionäre kann ein SPAC vorteilhaft sein. Diese zwei Punkte sind hier zu nennen:
1) Potenzial: Im Best Case handelt es sich bei dem Anlageobjekt um ein wachstumsstarkes Start-Up, dass die eingenommenen Mittel für die Expansion nutzen kann. Ein SPAC stellt also die potenziell lukrative Möglichkeit dar, vor dem Börsengang des Unternehmens zu investieren.
2) Rückgaberecht: Findet keine Fusion statt, haben die Aktionäre ein Rückgaberecht. In diesem Zeitraum ist das Risiko also begrenzt. Nach der Fusion verfällt dieser Vorteil allerdings.
Auch wenn es SPACs schon länger gibt, stieg die Popularität in 2020 explosionsartig an. Aufgrund der Corona-Krise und der damit einhergehenden Unsicherheit wurde der Zugang zu neuen Finanzierungsrunden erschwert. Die Lösung waren die SPAC-Investoren. Außerdem stellt ein konservativer Börsengang ein erhöhtes Risiko in unsicheren Zeiten dar. Ein ähnliches Bild zeichnete sich in der Finanzkrise von 2007 ab. Die Anzahl an SPACs konnte in 2020 allerdings ein neues Hoch verzeichnen. Laut Statista gab es im Jahr 2020 248 SPACs. 55 Prozent aller IPOs im Jahr 2020 waren also SPACs. Außerdem könnte die aktuelle Popularität von SPACs damit begründet werden, dass viele SPACs in heißen Trendthemen tätig sind. Hier ist exemplarisch die Elektromobilität oder die Raumfahrt zu nennen. Diese Themen wurden vor allem nach dem Corona-Tief sowohl von privaten als auch von institutionellen Marktteilnehmern verstärkt gespielt.
Quelle: Statista 2021
In den Kursen eines SPACs sind häufig ähnliche Kursentwicklungen festzustellen. Zu Beginn sind die Kursausschläge noch vergleichsweise gering. SPACs werden in der Regel mit 10 USD emittiert. Wird ein neues Unternehmen in die Unternehmenshülle eingebracht, kommt es meistens zu starken Kursausschlägen. Bereits die Gerüchte über mögliche Fusionen können starke Kursbewegungen auslösen. Starke Gaps sowohl nach unten als auch nach oben sind hier keine Seltenheit. Aufgrund des beschriebenen Fokus auf Trends kann ein SPAC in einer euphorischen Marktphase in kurzer Zeit deutlich überdurchschnittlich performen. Schält der Markt allerdings in den Risk-On-Modus, ist auch der Drawdown deutlich höher. Die Volatilität ist zusammenfassend unter dem Strich deutlich höher.
Ich unterscheide bei den SPACs prinzipiell zwei Herangehensweisen:
1) SPACs als Spekulation: Selbstverständlich können SPAC-Aktien als Anlageobjekt angesehen werden. Ich würde an dieser Stelle aber eher von einer Spekulation und weniger von einer Investition sprechen. Wer ein SPAC vor einer Übernahme kauft, der glaubt an das Versprechen des Managements. Schließlich ist das endgültige Unternehmen noch nicht bekannt. Fundamental kann eine Anlage in SPACs also nur selten begründet werden. Das liegt auch an der fehlenden Historie. Außerdem können in sehr vielen Fällen kein Multiples berechnet werden, da es sehr oft weder Gewinne noch Umsätze gibt. Die Anlage in SPACs kann also in den aller meisten Fällen damit begründet werden, die Aktien zu einem späteren Zeitpunkt zu einem höheren Kurs wieder verkaufen zu wollen. Anlegerschützer kritisieren SPACs aus dem Grund, Privatanleger den Traum vom schnellen Geld vorzugaukeln. Aufgrund der undurchsichtigen Faktenlage geht das mit einem erhöhten Risiko einher. Logischerweise ist aber auch das Potenzial nach oben höher.
2) SPACs als Stimmungsindikatoren: Die zweite, konservativere Variante ist die Verwendung von SPACS als Stimmungsindikatoren. SPACs ziehen vor allem risikofreudiges Kapital an. Wie oben bereits beschrieben, sind die Ausschläge sowohl nach unten als auch nach oben höher. Aus diesem Grund eignet sich eine Kursliste mit SPACs sehr gut, um das Sentiment an der Börse sichtbar zu machen. Zum Beispiel können explodierende SPACs aus Hype-Themen ein Warnsignal von zu hoher Euphorie am Markt sein.
Sowohl für die erste als auch für die zweite Herangehensweise eignet sich eine übersichtliche Kursliste. Deshalb haben wir von TraderFox eine Kursliste mit allen relevanten SPACs erstellt. Auf einen Blick können potenziell spannende SPACs identifiziert sowie die Stimmung an den Märkten erkannt werden. Ihr könnt auf diese Kursliste wie folgt zugreifen:
Der Startpunkt ist der Trading Desk von TraderFox. Über diesen Link (https://desk.traderfox.com/) kommt ihr zum Trading Desk. Dort angekommen befindet sich links oben im Eck der Explorer. Um diesen zu öffnen, müsst ihr auf das Raketensymbol klicken. Im Explorer sind zum Beispiel die Anlagetrends zusammengefasst. Außerdem haben wir hier eine neue Rubrik namens "Im Rampenlicht" für euch ins Leben gerufen. Unter dieser Rubrik haben wir die aktuell spannendsten Anlagetrends zusammengefasst. Ihr könnt dort zum Beispiel Kurslisten zu den Themen Wasserstoff, E-Mobilität oder 3D-Druck finden. Neu hinzugefügt haben wir die Kursliste zu den SPACs. Mit einem Klick öffnet sich die Kursliste mit allen relevanten SPACs. Im Folgenden möchte ich drei SPAC-Aktien kurz vorstellen.
Opendoor: der "iBuyer" des amerikanischen Immobilienmarkts
Opendoor ist im Bereich von Immobilientransaktionen tätig. Diese Transaktionen finden online statt. Mithilfe der digitalen Plattform versucht Opendoor, den großen Immobilienmarkt zu disruptieren. Mit nur wenigen Eckdaten erhält der potenzielle Verkäufer ein Angebot. Der Verkäufer kann die Immobilie dann zu einem flexiblen Zeitpunkt verkaufen. Der große Unterschied zum bisherigen Verkaufsprozess: Opendoor ist ein "iBuyer”. Das bedeutet Opendoor kauft direkt von den privaten Hausverkäufern und verkauft, natürlich mit Profit, die Häuser an mögliche Interessenten. Dadurch agiert Opendoor quasi als Zwischenbesitzer. Natürlich ist Opendoor in diesem großen Geschäft nicht alleine. Zillow und Redfin betreiben auch "iBuyer” Programme. Allerdings hat sich Opendoor ausschließlich auf dieses Geschäft konzentriert. Opendoor will in Zukunft in den kompletten USA agieren und den Immobilienmarkt vor allem für Verkäufer deutlich vereinfachen. Dabei soll der Fokus vor allem auf der Beseitigung der bisherigen Probleme beim Hausverkauf gelegt werden. Hauptproblem ist natürlich die Dauer eines Immobilienverkaufs. Kunden bekommen bei Opendoor sofort Preise angeboten und können dann verkaufen, wann sie wollen. Das bedeutet, alle unangenehmen Hausbesichtigungen und Preisverhandlungen fallen weg. Klar ist, der Markt ist riesig. Laut Investorenpräsentation ist der Immobilienmarkt in den USA doppelt so groß als der Markt für gebrauchte Autos. Alleine im Jahr 2019 haben sechs Millionen Wohnimmobilien in den USA den Besitzer gewechselt. Bisher hat Opendoor 700.000 Verkaufsanfragen bearbeitet und hat allein im Jahr 2019 19.000 Häuser verkauft.
Dabei wurde ein Umsatz von 4,7 Milliarden USD erwirtschaftet. Allerdings machte das Unternehmen einen Verlust von 218 Millionen USD und hat so umgerechnet an jedem verkauften Haus über 11.000 USD verloren. Die Corona-Krise ging natürlich auch nicht spurlos am Unternehmen vorbei, Anfang 2020 mussten 600 Mitarbeiter entlassen werden, das entspricht 35% aller derzeitigen Angestellten.
Positiv anzumerken ist das Management. Der Führungsstab bringt Erfahrungen von anderen bekannten großen Unternehmen wie beispielsweise Uber, Google, Netflix und Square mit. Negativ kann hier hingegen die Abhängigkeit von den Immobilienpreisen angesehen werden.
Virgin Galactic: Mit Richard Branson ins Weltall
Virgin Galactic, nicht zu verwechseln mit Virgin Orbit, wird oft direkt mit Richard Branson assoziiert - der englische Milliardär, der mit seiner Virgin Group in der Musikindustrie, Luftfahrt, Touristik und in der Eisenbahnbranche tätig ist. Gegründet wurde es 2004 mit dem Ziel, Raumflüge für Weltraumtouristen anzubieten. Das Geschäft lässt sich in zwei Hauptprodukte aufteilen. Zum einen natürlich Touristen gegen Geld in den Weltraum zu befördern. Tickets dazu kosten bis zu 250000$. Klingt vielleicht erstmal viel, allerdings haben sich bereits 600 Interessenten gefunden, die bereits für 83,2 Millionen USD Reisen gebucht haben. Das alles, bevor auch nur ein kommerzieller Flug abgehoben ist. Das zweite Produkt ist ein Hyperschall-Flugzeug, welches in fast 20 Kilometer Höhe, 9 bis 19 Passagieren in nur 3 Stunden, anstatt 12, von Los Angeles nach Tokyo transportieren soll. Beides ist ein sehr lukratives Geschäft, allerdings muss Virgin Galactic in den nächsten Jahren ordentlich abliefern. Denn bis jetzt ist noch kein Passagier mit Virgin Galactic in den Weltraum gestartet oder in zweieinhalb Stunden von London nach New York. Virgin Galactic besitzt derzeit einen Spaceport, von dem die Weltraummission starten sollen. 400 Abflüge von jedem Spaceport sollen es später einmal sein. Denn Virgin Galactic plant weltweit ein Netz aus Spaceports, jeder mit einem Umsatz von bis zu 1 Milliarde USD. Da dies noch in weiter Ferne liegt, wurde ein Deal mit der NASA abgeschlossen. Für 45 Millionen USD wird Virgin Galactic für die NASA verschiedene Technologien innerhalb ihrer eigenen Flugzeuge testen.
Geld ist derzeit noch genug da, allerdings ist Virgin Galactic sehr vom Wohlwollen der Investoren abhängig. Bis Ende letzten Jahres hatte Virgin Galactic noch 666 Millionen $ an Cash Reserven. Dazu wurden im 3. Quartal 2020 23,6 Millionen Aktien durch eine Kapitalerhöhung ausgegeben. Der Verlust stieg allerdings von 211 Millionen USD 2019 auf 273 Millionen USD im Jahr 2020.
DraftKings: Fast 500% in einem Jahr
DraftKings ist ein Sportwettenanbieter, der 2012 in Boston gegründet wurde. Das Besondere an DraftKings ist, dass Nutzer nicht nur auf Ergebnisse und Ereignisse eines Spiels tippen können, sondern auch eigenes Team aus Spielern zusammenstellen und diese online gegen andere Mannschaften antreten lassen können. Dabei kooperiert DraftKings mit der MLB, NHL, NBA, PGA, Premier League, MMA, NASCAR und der UEFA Champions League. Seit 2020 ist auch der ehemalige NBA Superstar Micheal Jordan, als Investor und Vorstandsmitglied mit an Bord des Unternehmens. Des Weiteren sind auch die zwei NFL-Teambesitzer Jerry Jones und Robert Kraft als prominente Investoren in das Unternehmen investiert. Der Börsengang fand 2019 statt und eine Aktie des SPACS wurde zu 10€ emittiert. Seitdem hat sich die Aktie fast verfünffacht.
DraftKings kann trotz dessen, dass sie für einen Wettanbieter neu am Markt sind, eine beeindruckende Nutzerzahl aufweisen. Allerdings ist DraftKings alles andere als billig mit einer Marktkapitalisierung von 20 Milliarden Dollar. Dabei wird von einem Umsatz zwischen 750 Millionen und 850 Millionen USD für das Jahr 2021 ausgegangen. DraftKings ist eine absolute Wachstumsaktie, die vielleicht in Zukunft ihrer hohen Bewertung gerecht werden kann. Am 26.02 werden die Zahlen für 2020 präsentiert.
SPACs erfreuen sich gerade in letzter Zeit äußerster Beliebtheit. So ist es kein Wunder, dass bekannte Investoren wie der frühere Siemens-Chef Klaus Keinfeld oder Hedgefonds-Milliardär Bill Ackmann auf hohe Millionen oder teilweise sogar Milliarden Einnahmen hoffen. Fraglich bleibt, wie lange dieser Trend anhalten wird. Allerdings, wie oben beschrieben, ist es teilweise mehr spekulieren als investieren. Es lässt sich viel Geld verdienen, aber über die Risiken sollte man sich auf jeden Fall im Klaren sein.
Viele Grüße
Frederik Jung und Ferdinand Schnitzer