Portfoliocheck: Warren Buffett und der große Run auf die Banken
Sein Studium absolvierte er an der Columbia Universität, weil er unbedingt bei Benjamin Graham studieren wollte. Dieser war selbst Investor und hatte Buffett mit seinem Werk "Security Analysis", das er gemeinsam mit David Dodd verfasst hatte, tief beeindruckt. Darin legte Graham seine Erkenntnisse aus dem Börsencrash und großen Depression der Weltwirtschaftskrise dar und bereitete den Boden für die fundamentale Analyse von Wertpapieren als Basis von Anlageentscheidungen. In seinem späteren Werk "Intelligent investieren", einer etwas populärwissenschaftlicheren Version des Ursprungswerks, stellte Graham auf den inneren Wert der Aktien ab und legte sein Konzept der Sicherheitsmarge dar. Für Buffett waren diese Werke prägend und die Grundlage seiner eigenen Investorentätigkeit als "Value Investor". Die er übrigens in der Investmentfirma von Benjamin Graham begann.
In späteren Jahren lernte Buffett dann den Anwalt und Investor Charlie Munger kennen und schätzen. Dieser beeinflusste ihn fast ebenso stark wie Graham und lenkte seinen Blick auf die Qualität der Unternehmen und auf ihre Alleinstellungsmerkmale im Wettbewerb. In der Folgezeit wurde der Moat, der ökonomische Burggraben, das Schlüsselelement für Buffetts Anlageentscheidungen und trieb den Aktienkurs seiner Investmentholding Berkshire Hathaway von niedrigen zweistelligen Kursen, die er Anfang der 1960er Jahre dafür bezahlt hatte, auf zuletzt über 325.000 Dollar. Sie ist damit die teuerste Aktie der Welt und wer Buffett zu Beginn in sein "Abenteuer Berkshire Hathaway" gefolgt ist, kann sich an rund 650.000 Prozent Rendite erfreuen.
Schwerpunkt Finanzwerte
Seit jeher haben es Buffett Finanzwerte angetan und hier legte er schon früh einen Schwerpunkt auf die Versicherungsbranche. Dabei hält er heute ganze Versicherungskonzerne, wie den Auto-Direktversicherer Geico oder den Rückversicherer General Re (der heute Berkshire Hathaway Re heißt) und einige Erstversicherer. Und Buffetts Vorliebe für Versicherungen kommt nicht von ungefähr. Einerseits lassen sich Chancen und Risiken des Geschäfts gut kalkulieren und auf der anderen Seite bekam Buffett Zugriff auf den Float, sobald er die Kontrolle über eine Versicherung übernahm. Er konnte also die monatlich eingehenden Versicherungsprämien investieren, bevor sie irgendwann als Versicherungsleistungen ausgezahlt werden mussten, und erzielte so mit einem enormen Hebel außerordentliche Gewinne. Für Buffett stellt der Float einen zinslosen Kredit dar.Neben Versicherungen hat Buffett auch eine Reihe von Banken im Portfolio, wie Wells Fargo, Goldman Sachs oder die Bank of America. Einige von ihnen sind wahre Schwergewichte in seinemDepot und insgesamt summiert sich der Anteil des Sektors "Financial Services" in seinem Portfolio auf 43 Prozent.
Buffetts Käufe und Verkäufe
Im zweiten Quartal hat Buffett nur einige gewichtige Veränderungen an seinem Portfolio vorgenommen, hat dabei aber gleich mehrere Überraschungen parat.(Tipp: Im Kundenbereich des aktien Magazins kommentieren wir die Portfolios und Transaktionen der erfolgreichsten Portfolio-Manager der Wall Street.)
Seine Bestände am Chemiekonzern Sanofi und am weltgrößten Einzelhändler Walmart hat Buffett im dritten Quartal vollständig abgebaut und seine ehemals sehr große Position beim Tankstellen- und Raffineriebetreiber Phillips 66 noch einmal um mehr als die Hälfte reduziert. Hier dürften wir wohl im vierten Quartal den vollständigen Exit erleben.
Von Orakeln und Äpfeln
Die erste Überraschung erwartet uns im Tech-Sektor, denn mit dem Datenbankspezialisten und SAP-Konkurrenten Oracle hat sich Buffett hier auf ein ganz neues Feld vorgewagt; vermutlich geht der Anstoß hierzu auf einen seiner beiden Investment-Leutnants Ted Weschler oder Todd Combs zurück. Berkshire erwarb für gut zwei Milliarden Dollar mehr als 1 Prozent an Oracle.
Und auch die zweite Überraschung stammt aus diesem Sektor und sie betrifft Apple. Denn Buffett befand sich seit mehr als einem Jahr stark auf der Käuferseite und hatte schon vor einiger Zeit bekannt, auch im dritten Quartal weiter aufgestockt zu haben. Allerdings waren die Zukäufe dann doch eher minimal. Auf den zweiten Blick verwundert uns das nicht (mehr), denn Buffett liebt zwar herausragende Geschäftsmodelle, aber er will sie auch zu einem fairen Preis kaufen. Und die Apple-Aktien hatten im dritten Quartal stark zugelegt, so dass Buffett wohl einfach nicht den Kursen hinterher gelaufen ist. Nachdem die Aktien jedoch im Oktober deutlich Federn lassen mussten, sollten wir uns nicht wundern, wenn Buffett auf diesem ermäßigten Kursniveau erneut zugeschlagen haben sollte.
Ganz massiv hat Buffett jedoch im Finanzsektor aufgestockt und sich mit The Travellers Group bei einer weiteren Versicherung eingekauft. Erheblich größere Auswirkungen hat allerdings sein "Run" auf US-Banken. Während er bei US Bancorp., dem Asset Manager Bank of New York Mellon und der Investmentbank Goldman Sachs schon seit Monaten auf der Käuferseite ist, hat er auch bei der Bank of America seinen Bestand um 30 Prozent erhöht. Mit annähernd neun Prozent aller Aktien ist Buffett dort nun größter Einzelaktionär und die BoA wurde zur zweitgrößten Position in seinem Aktienportfolio.
Von diesem Platz verdrängte sie Wells Fargo, bei der Buffett erneut einige Aktien verkauft hat. Genauer gesagt: verkaufen musste. Denn aus regulatorischen Gründen ist Berkshire Hathaway untersagt, mehr als zehn Prozent an einer US-Bank zu besitzen. Bei Wells Fargo hatte er diese Schwelle bereits überschritten und da das Unternehmen weiterhin kräftig eigene Aktien zurückkauft, steigt Buffetts prozentualer Anteil mit jedem Rückkauf weiter an. So dass er einige Aktien veräußern muss, um wieder unter die 10-Prozent-Schwelle zu kommen. Aktuell liegt sein Anteil bei Wells Fargo bei 9,4 Prozent, ebenso bei der BoA. Bei US Bancorp mit 7,7 Prozent und der Bank of New York Mellon mit 7,9 Prozent nähert er sich dieser Grenze auch mit großen Schritten an, während er bei Goldman Sachs mit seinem 5-Prozent-Anteil noch Ausbaupotenzial hat.
Doch noch gehen Buffett die Targets nicht aus im Finanzsektor und so hat er gleich zwei ganz neue Ziele ins Visier genommen.
PNC Financial Services
PNC Financial Services Group ist ein US-amerikanischer Finanzdienstleister mit Sitz in Pittsburgh. Im Privatkundengeschäft hat das Unternehmen rund fünf Millionen Kunden und ist mit 2.600 Filialen in 19 US-Bundesstaaten sowie in Washington, D.C. vertreten. Darüber hinaus ist PNC auch als Vermögensverwalter tätig und bietet eigene Finanzprodukte an. Ein weiterer Schwerpunkt ist das Kreditgeschäft mit Firmenkunden und die Tätigkeit als Depotbank und Wertpapierleihen. Wem das bekannt vorkommt, braucht sich nicht zu wundern: das Geschäftsmodell erinnert stark an die Bank of New York Mellon und nachdem Buffett dort bald seinen Bestand nicht mehr ausbauen darf (er nähert sich hier ebenfalls der 10-Prozent-Schwelle), hat er sich eben die zweitbeste Option in diesem Sektor gesichert und kauft nun eben deren direkten Wettbewerber. So ist er auch schon bei seinem Einstieg in die großen Fluglinien der USA vorgegangen.
JPMorgan Chase
Einen echten Überraschungscoup landete Buffett jedoch mit seinem Neueinstieg bei der größten US-Bank JPMorgan Chase. Hier kaufte er im dritten Quartal knapp 35 Millionen Aktien im Gesamtwert von rund vier Milliarden Dollar und damit mehr als 1 Prozent des Unternehmens. Mit diesem Einstieg ist Buffett nun maßgeblicher Aktionär bei vier der fünf größten US-Banken; nur die Nummer vier, Citigroup, fehlt ihm noch in seiner Sammlung. Und an sechster Stelle stünde auch noch Morgan Stanley zur Auswahl…
Warren Buffetts Portfolio
Mit einem Anteil von mehr als 25 Prozent bleibt Apple die unangefochtene Nummer eins in Buffetts Portfolio. Die neue Nummer zwei mit fast 12 Prozent ist nun die Bank of America, während Wells Fargo auf den dritten Platz abgerutscht ist. Allerdings hatte der Kurs in den letzten Jahren auch deutlich nachgegeben im Zuge der gehäuften Skandale, so dass sich hier noch einiges an Nachholpotenzial aufgestaut haben könnte, falls bzw. sobald Wells Fargo sich wieder in die Erfolgsspur zurück gebracht hat. Der Abstand zur viertplatzierten Coca Cola ist jedenfalls beträchtlich.
Auf den weiteren Plätzen folgen Kraft Heinz und American Express, so dass Buffetts sechs größte Positionen zusammen knapp 72 Prozent seines Investmentportfolios ausmachen. Er bleibt damit seiner Strategie des "Focus Investings" treu und setzt ganz klar Schwerpunkte, sowohl was die Branchen angeht, aber auch einzelne Unternehmen.
Aktie im Fokus: JPMorgan Chase
Die Anfänge der Bank gehen auf das Jahr 1871 zurück, als John Pierpont Morgan und Anthony Joseph Drexel das Bankhaus Drexel, Morgan & Company gründeten, das ab 1895 als J. P. Morgan & Company firmierte. J.P. Morgan galt als größter Bankier seiner Zeit. Im Jahr 2000 fusionierte das Bankhaus mit der Chase Manhattan Bank und seitdem firmiert die inzwischen größte US-Bank als JPMorgan Chase & Co.
2004 kaufte JPM für 58 Milliarden Dollar die sechstgrößte Bankengruppe der USA, die Bank One. Anschließend fungierte man während der Finanzkrise als Retter, als man im März 2008 die strauchelnde Investmentbank Bear Stearns übernahm, die durch die Pleite zweier Hedge Fonds selbst in existenzbedrohende Schieflage geraten war. JPMorgan Chase garantierte für alle finanziellen Verpflichtungen von Bear Stearns und wurde dabei von der US-Notenbank Fed unterstützt, die wiederum eine Garantie über 30 Milliarden US-Dollar an JPMorgan Chase ausgegeben hat.
Die Finanzkrise war hierdurch allerdings nur aufgeschoben, denn am 15. September 2008 strich Lehman Brothers die Segel, nachdem US-Regierung und Fed ein Exempel an den vom Gier triefenden Investmentbanken statuieren wollten und Lehman jede weitere Unterstützung versagten. Es kam zur Kernschmelzen im Finanzsektor, weil die Finanzinstitute weltweit vernetzt waren und sich durch Ausfallabsicherungen (Credit Default Swaps, CDS) gegenseitig stützten – und sich damit in einer Schicksalsgemeinschaft aneinander gekettet hatten. In der Folge rutschten nicht nur Banken, sondern auch der damals größte Versicherungskonzern der Welt, AIG, in die Insolvenz, aber auch General Motors (vor allem wegen seiner Finanzsparte).
Nur zehn Tage nach der Lehman-Pleite drängte die Fed JPMorgan Chase dann, bitte, bitte die von der Pleite bedrohte größte US-Sparkasse Washington Mutual zu übernehmen. JPM übernahm. Und im November 2009 griff man auch noch in Großbritannien zu und verleibte sich Cazenove Investment ein, die später in J.P. Morgan Cazenove umbenannt wurde.
JPM als Gewinner der Finanzkrise
JPMorgan Chase war einer der größten Gewinner der Finanzkrise, da man zuvor weniger stark in strukturierte Finanzprodukte investiert hatte als die Wettbewerber und daher deutlich weniger einstecken musste. Der gute Ruf der Bank in Kombination mit einer vergleichsweisen soliden Bilanz machte JPM zum stärksten Rettungsanker und dem solidesten Fels in der Brandung während der Finanzkrise. Abgesehen von Buffett, der einigen Banken (u.a. Goldman Sachs) mit Milliardenspritzen stützend unter die Arme griff.
Jamie Dimon ist Spitze
Jamie Dimon ist seit Anfang 2006 CEO von JPMorgan Chase. Er war als Chef der übernommenen Bank One an Bord gekommen und führte dann die Großbank erfolgreich durch die Finanzkrise. Warren Buffett und Jamie Dimon sind seit Langem befreundet; Buffett hält ihn für einen der besten Banker der Welt und einen von Grund auf integren Menschen. Buffett meinte einmal, er betrachte Dimons Briefe an die Aktionäre von JP Morgan als "beste Informationsquelle über den gesamten Bankensektor". Aufsehen erregte auch ihre Initiative zu einer gemeinsamen Unternehmenskrankenversicherung, die Berkshire Hathaway, JP Morgan Chase und Amazon vor gut einem Jahr verkündet hatten.
Mit seinen Zahlen zum zweiten Quartal konnte JPM überzeugen. Der Gewinn je Aktie stieg auf 2,34 Dollar und lag damit nicht nur deutlich über dem Vorjahreswert, sondern auch über den Analystenerwartungen. Der Bereich Consumer & Community Banking verzeichnete neue Rekordnettozuflüsse an Kundengeldern und die man erzielte ein zweistelliges Wachstum bei Kreditkartenverkäufen. Auch das Netto-Zinsergebnis stieg um zwar um stolze 14 Prozent. Der Bank spielen die robuste US-Konjunktur, die Senkung der Unternehmenssteuern in den USA und die steigenden Zinsen in die Karten.
Die US-Banken stehen wieder voll im Saft und haben die Finanzkrise längst abgehakt. Im Gegensatz zu den europäischen Instituten, die noch immer vor sich hinvegetieren. Und die Aussichten für die US-Banken bleiben weiterhin positiv, was auch der Grund dafür ist, dass Buffett noch stärker als zuvor gerade auf diese Branche setzt. Dass er sich nun auch in einem ersten, wenn auch großen Schritt, in die führende US-Bank einkauft, dürfte allen Beteiligten gefallen; nicht nur aufgrund der großen persönlichen Wertschätzung der CEOs Buffett und Dimon füreinander, sondern weil Buffett für alle Unternehmen als Ankeraktionär ein Segen ist. Er mischt sich nicht aktiv in die Unternehmensführung ein, steht aber immer mit Rat und Tat zur Seite. Und mit Geld, wenn es denn mal nötig sein sollte.
Mehr als 110 Milliarden Dollar Cash
Und damit sind wir schon bei Buffetts Luxusproblem, denn er hat gut 100 Milliarden Dollar herumliegen, für die er händeringend Investitionsmöglichkeiten sucht. Setzt man diese Summe ins Verhältnis zum aktuellen Wert von Berkshire und seinen gesamten Vermögensgegenständen, dann hält Buffett allerdings auch nur eine eher unspektakuläre Cash-Quote von etwas über 15 Prozent.
Buffett setzt ja gerne auf Unternehmen mit starken Cashflows, die ihre Aktionäre über Dividenden verwöhnen. Dem entsprechend fließen ihm täglich frische Millionen zu, die er investieren kann. Und muss. Doch das ist angesichts hoher Börsenkurse war das bisher gar nicht so einfach, denn er kann aufgrund der Größe von Berkshire Hathaway ja nur noch die großen Werte aus dem S&P 500 ins Visier nehmen, so dass ihm ein zunehmender Teil des Anlageuniversums de facto verschlossen bleibt. Daher hat Buffett bereits eigene Aktien im Wert von rund 925 Millionen Dollar zurückgekauft.
Doch die zuletzt deutlich sinkenden Aktienkurse dürften Buffett nun Freudentränen in die Augen treiben, da er nun endlich wieder beherzt zugreifen kann. Und das nicht nur im Finanzsektor, sondern eben auch bei Apple und Oracle, die es ihm neuerdings angetan haben. Aber das wird eine andere Geschichte…
Fazit: Warren Buffett hat so ein großes Vermögen, dass er wesentliche Beteiligungen nur noch in Blue Chips aufbauen kann. Aber es gibt auch mittelgroße Burggraben-Firmen in der zweiten Reihe. Für die aktuelle Ausgabe des aktien Magazins haben wir softwaregestützt 4 Firmen mit Burggraben-Eigenschaften identifiziert und berichten darüber. Unter anderem ist jeweils eine Software-Perle aus Spanien und aus Deutschland dabei.
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