Die verdammten Fehler
Wall-Street-Korrespondent
Investierst Du an der Börse, wirst Du Fehler machen. Du wirst nie den perfekten Einstiegszeitpunkt erwischen. Du wirst kaum nur Gewinner-Aktien kaufen. Fehler zu machen ist Teil des Investierens. Du musst das akzeptieren und damit leben können. Das Ego muss zurücktreten.
Am besten sind Anleger, die geruhsam und bodenständig sind. Jene, die über ihre Fehler sprechen, stehen über den Dingen. Ist Dir nicht schon aufgefallen, dass Stars wie Peter Lynch, George Soros oder Warren Buffett gerne über ihre Fehler reden? Sie sind keine Angeber. Ganz im Gegenteil. Sie sind extrem selbstkritisch.
Gerade bei berühmten Value Investoren ist mir aufgefallen: Sie sind keine Windbeutel. Als ich Jean-Marie Evaillard in seinem Büro in New York traf, war ich überrascht. Er ist einer der besten Fondsmanager aller Zeiten und sprach am liebsten über seine Missgriffe. Es ist eigentlich absurd. Du bist eine Legende und bleibst mit beiden Füßen auf dem Boden. Das ist genau die Kunst an der Börse.
Es geht darum, Fehler zu machen und nicht aufzugeben. Weitermachen. Lernen. Der beste Schutz vor Fehlern ist ein konservatives Vorgehen. Extreme Risiken solltest Du vermeiden. Dazu gehört es, niemals per Kredit Aktien zu kaufen. Oder zu zocken. Oder heiße Pennystocks zu traden.
Ein monatlicher ETF- oder Aktien-Sparplan ist eine solide Sache. Wichtig ist Geduld zu haben, es durchzuziehen. Ein langfristiger Blick hilft ungemein. Richte einfach solche Sparpläne ein und lebe Dein Leben. Es ist erstaunlich, dass eine ganz einfache Methode zu einem unglaublichen Erfolg führt. So macht es eigentlich Warren Buffett. Er jagt und sammelt unterbewertete Aktien. Und denkt selten ans Verkaufen. Er denkt nur ans Kaufen. Das kann im Grunde jeder Anleger nachempfinden. Es ist keine hohe Intelligenz nötig, um es in die finanzielle Freiheit frühzeitig zu erreichen.
Ich baute mein Vermögen auf, indem ich stur und stetig Aktien wie Bank of America, Berkshire Hathaway, Nike oder J&J kaufte. Ich kaufte und kaufte. Das Depot wird mit der Zeit immer größer. Ich schaue mir Value-Perlen wie Microsoft, Exxon, JPMorgan, GE, AT&T, Verizon, Wells Fargo oder P&G an. Ich warte bei Wachstumsmaschinen wie Facebook, Alphabet, SAP oder Amazon, bis sie einknicken. Ein schwaches Quartal, ein Problem oder Rücksetzer bieten Chancen bei solchen Erfolgsaktien. Auch Sorgenkinder wie die Deutsche Bank oder Commerzbank können sich Mutige abschauen, denke ich.
Der Zinseszins wird mit den Dekaden zur Lawine. Und irgendwann bist Du an dem Punkt, ab dem Du von den Dividenden, Miet- und Zinseinnahmen leben kannst. Wenn Deine passiven Geldströme nutzen kannst, um Deine Ausgaben zu decken, bist Du frei. Natürlich musst Du vorsichtig sein. Du kannst nicht anfangen, Dein Geld mit vollen Händen auszugeben. Du darfst nie mehr ausgeben, als Du einnimmst. Folgst Du dieser Grundregel, brauchst Du nie mehr zu arbeiten. Menschen, die motiviert sind, können die finanzielle Freiheit mit 40, 45 oder 50 Jahren erreichen. Es geht auch früher, was allerdings extrem schwierig ist.
Ein kleiner Trick kann sein, wenn Du die finanzielle Freiheit nicht ganz erreicht hast, Du sie aber schon heute genießen willst, dass Du einen kleinen Job beibehältst. Du kannst Deinen Chef fragen, ob Du weiterhin halbtags für die Firma arbeiten kannst. Oder Du nimmst anderweitig einen Nebenjob an.
Im Grunde können die meisten Menschen die finanzielle Freiheit in der Theorie frühzeitig erreichen. Der Konsum muss aber auf ein Mindestmaß reduziert werden, was den meisten schwer fällt. Nur wenige schaffen es, den täglichen Versuchungen zu widerstehen. Kommt ein neues Smartphone, TV oder Auto auf den Markt, ist der Drang groß, es gleich zu kaufen.
In der heutigen Konsumgesellschaft steht der Konsum im Vordergrund. Es geht darum, seinem Umfeld zu signalisieren, dass man erfolgreich ist, indem man materielle Dinge ansammelt und sie anderen zeigt (Auto, Haus, Mode, Urlaub). Dabei kann das Blendwerk sein. Viele Menschen stecken bis zur Halskrause im Schuldensumpf fest. Ein vorzeitiger Ruhestand ist kaum möglich, wenn enorme Hypothekenraten jeden Monaten abzustottern sind die nächsten 30 Jahre.
Mein Motto war immer lieber auf kleinem Fuss zu leben und dafür mehr Freiheiten zu haben. Eine Grundregel ist, dass man Geld nicht sieht. Wenn jemand vermögend ist, siehst Du das nicht unbedingt. Ich habe in New York schon Multimillionäre auf Investorenkonferenzen getroffen - ihnen konnte man nicht den Wohlstand ansehen. Im Gegenteil: Sie kleideten sich "normal" und lebten bescheiden.
Auf dem Weg in die Freiheit machen wir Anleger immer wieder die gleichen Fehler. Zwar gehen wir am Anfang die richtige Schritte. Doch lassen wir uns vom Kurs abbringen. Sagen wir, es platzt an der Börse eine Blase. Die Kurse beben. Die Nachrichtenlage wird immer schlechter. Die Angst nimmt zu. Dann lassen sich Anleger vom eigentlich richtigen Kurs abbringen. Anstatt stur und stetig weiter zu machen, wenden wir uns von der Börse ab.
Wenn ein Flugzeug abstürzt, hören wir ja nicht auf zu fliegen. Es heisst ja nicht, dass alle Flugzeuge unsicher sind. Nur ein einziges Flugzeug endete in der Katastrophe. Aber nicht alle Flugzeuge.
Die Kunst ist eben durchzuhalten. Im langen Schnitt steigen die Börsenkurse um 7 bis 10% annualisiert. Es gibt keine bessere Asset-Klasse als die Aktie. Die Aktie ist allen anderen überlegen. Du musst allerdings stur sein. Am Ball bleiben. Genau das können die Wengisten. Die Angst holt sie ein. Die Angst vernichtet Vermögen.
Wer Angst hat, einzelne Aktien selbst auszuwählen, setzt auf Indexfonds/ETFs. Es ist so einfach, wenn man das Grundprinzip verstanden hat. Es kann im Grunde genommen nichts schief gehen. Die Anleger stellen sich aber immer selbst ein Bein.
Wer Aktien eigenständig auswählt, wird natürlich enttäuscht werden. Einzelne Unternehmen werden abstürzen. Warum? Technologien ändern sich. Trends flachen ab. Vorstände machen Fehler. Daher ist das Streuen so wichtig. Anleger sollten offen für neue Entwicklung sein.
Grundsätzlich ist es aber so, dass der weltweite Wohlstand steigt. Bis zum Jahr 2050 werden fast 10 Milliarden Menschen auf der Erde leben. Sie werden mehr Luxus, Technologien, Energie, Transport, Nahrungsmittel, Medizin nachfragen als jemals zuvor. Du musst nur am Ball bleiben. Jagen und Sammeln. So wie es Warren Buffett oder John Templeton machten. Halte Deine Aktien mindestens zehn Jahre. Besser sind 20, 30, 40 Jahre. Überlege Dein Depot zu vererben. So bekommst Du die richtige Perspektive. Achte nicht auf Tagesschwankungen. Sie sind zufallsbedingt und haben keine Aussagekraft.
Belohnt wird am Ende des Tages der Geduldige. Der Emotionslose. Der Sture. Die Börse ist wie ein Marathon. Man muss nur den Stress und die Arbeit ertragen. Die Belohnung wird kommen. Sie wird enorm ausfallen. Glück Auf!
Viel Erfolg wünscht
Ihr Tim Schäfer
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