Reich mit Insolvenzen – Marc Lasry
Marc Lasry erblickte am 30. September 1959 als Sohn einer jüdischen Familie im marokkanischen Marrakesch das Licht der Welt. Sein Vater Moise war ein Programmierer der ersten Stunde, seine Mutter Elise Lehrerin. 1966 immigrierte die Familie in die USA und ließ sich in West Hartford im Bundesstaat Connecticut nieder. Aufgrund der angespannten finanziellen Situation der Familie musste sich Marc Lasry bis zum 17. Lebensjahr ein Zimmer mit seinen zwei Geschwistern teilen.
1977 schrieb sich der junge Lasry an der Clark University in Worcester, Massachusetts, ein und studierte Geschichte. Seinen Abschluss machte der 1981. Mit dem Bachelor in der Tasche schlug er einen ungewöhnlichen Weg für einen Uni-Absolventen ein: er begann als Paketbote für UPS zu arbeiten. Er fand diesen Job sehr spannend und sah auch Potenzial für sich ins Management aufzusteigen, sodass er von einem weiterführenden Studiengang absehen wollte. Allerdings machte ihm seine Mutter einen Strich durch die Rechnung und bestand darauf, dass er vor seiner Karriere als Paketzusteller die New York Law School besuchen solle. Lasry hörte auf seine Mom.
Insolvenzen
Während seiner Ausbildung zum Juristen jobte Marc Lasry für den bekannten New Yorker Insolvenzrichter Edward Ryan. Er schien Gefallen an diesen Sondersituationen gefunden zu haben, denn auch nach seinem Abschluss 1984 blieb er in dieser Nische tätig. Seine Karriere begann er in der Insolvenzabteilung der New Yorker Großkanzlei Angel & Frankel im Jahre 1985. Bereits ein Jahr später wechselte er zur Smith Vasilion Management Company und wieder ein Jahr später zu Cowen & Company. Überall setzte er sich mit Insolvenzen und Firmenrestrukturierungen auseinander. Als kleine Anekdote erzählte Lasry einst, dass er 1987 für Cowen & Company $ 25 Mio. verdiente, während er selber ein Festgehalt von $ 50.000,00 einstrich. Als er für seine herausragenden Leistungen eine Bonuszahlung von $ 125.000,00 vorschlug und von der Firma lediglich $ 10.000,00 angeboten bekam, wusste er, dass er nicht länger dort arbeiten wollte und plante die Selbständigkeit.
Avenue Capital Group
Zusammen mit seiner Schwester Sonia Gardener gründete Lasry 1989 die Investmentfirma Amroc Investments. Das Startkapital belief sich auf $ 100 Mio., welches beide von diversen Investoren einsammelten. Die Idee hinter der Firma war relativ simpel: die beiden wollten ihr sehr umfangreiches Wissen über Insolvenzen und Umstrukturierungen von Firmen nutzen, um Überrenditen zu erzielen. Kaufobjekte waren allerdings keine Aktien, sondern man zielte auf das Fremdkapital ab, sprich: Forderungen gegen und Anleihen von Unternehmen, die gerade in Sondersituationen oder gar in Schwierigkeiten steckten. Diese Forderungen und Anleihen kauften man mit einem Rabatt auf ihren Emissionswert und hoffte auf 100%ige Rückzahlung. Die beiden versuchten also sprichwörtlich den Dollar für 50 Cents zu kaufen. In den nächsten sechs Jahren erarbeiteten sich beide Millionenvermögen und machten natürlich obendrein ihre Geldgeber glücklich.
1995 gingen beide noch einen Schritt weiter und gründeten mit $ 7 Mio. ihres eigenen Geldes die Firma Avenue Capital Group, die sich ebenfalls mit Insolvenzen und Sondersituationen beschäftigte. Heute managt das Unternehmen $ 9,5 Mrd., hat 170 Angestellte und Büros rund um den Erdball.
Handelsideen
Um zu verdeutlichen, wie die Firma ihr Geld verdient, möchte ich hier kurz zwei Beispiele aus der Vergangenheit schildern.
Ford: Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008 kauften Lasry und sein Team im großen Stil Anleihen von Ford. Sie starteten, als die Anleihen bei 77 Cents für den Dollar standen und kauften sukzessive nach, als der Kurs der Anleihen immer weiter fiel. Die günstigsten Papiere erwarb Avenue Capital bei 30 Cents pro Dollar. Extrem viele Gläubiger von Ford trauten dem Unternehmen nicht zu, seine Schulden fristgerecht zurückzuzahlen. Lasry und sein Team setzten sich intensivst mit dem Automobilhersteller auseinander und waren der Auffassung, dass Ford allein bei einer Liquidation des gesamten Unternehmens alle Gläubiger auszahlen könnte. Wäre Ford im Extremfall pleitegegangen, hätten Lasry & Co. ihr Geld also trotzdem mit Gewinn zurückbekommen. Ford erholte sich natürlich wieder. Und Lasry und sein Team warteten nicht bis zur Fälligkeit, sondern verkauften ihre Anleihen für $ 1,05. Der Preis über Pari lässt sich natürlich durch das geringe Zinsniveau im Nachgang der Krise erklären. Dadurch werden bestehende Anleihen mit höheren Zinssätzen attraktiver, wobei hier die Bonität des Emittenten außen vorgelassen wird.
Tesla: Gläubiger bei Tesla werden aufgrund der aktuellen Nachrichtenlage nervös und möchten ihre Anleihen, die bereits in 3 Monaten fällig werden, abstoßen. Lasry bietet den verkaufswilligen Gläubigern an, die Tesla-Anleihen für 96 Cents pro Dollar aufzukaufen. Die Gläubiger gehen dieses Geschäft ein, da sie zu relativ günstigen Konditionen ihre Papiere abstoßen können. Lasry ist sich indes absolut sicher, dass Tesla die Schulden begleichen kann. Wenn Tesla also in 90 Tagen die Anleihen zum Nennwert zurückzahlt, macht Lasry 4% Rendite in 3 Monaten. Hochgerechnet sind das bereits 16% im Jahr.
Lasry privat
Der Investor ist mit Cathy Cohen verheiratet und hat mit ihr 5 Kinder. Sein Privatvermögen wird auf $ 1,8 Mrd. beziffert. In den letzten Jahren spendete er viel für Universitäten und Krankenhäuser. Außerdem kaufte er sich 2014 für $ 550 Mio. einen Teil der Basketballmannschaft Milwaukee Bucks und ist seitdem Miteigentümer. Politisch unterstützt er die Demokraten und sorgte im letzten US-Wahlkampf für Schlagzeilen, als verkündete, dass die Bucks während der Saison alle Trump-Hotels fortan meiden würden.
Lasry ist weiterhin vom Bitcoin überzeugt und hat ca. 1% seines Privatvermögens in die Kryptowährung investiert.
Zitate
– "Früher oder später setzt sich die Logik durch."
– "Einen Boden kann man nicht timen. Aber man kann einen Zyklus für fünf Jahre vorausahnen. Und die Menschen werden fragen, warum sie nicht gekauft haben."
– "Was Buffett und andere so erfolgreich gemacht hat, ist die Fähigkeit, Dinge in den erhältlichen Daten zu sehen, die andere nicht sehen."
– "Ich will nicht hören, wie großartig eine potentielle Investition sein könnte – ich möchte hören, wie sie uns schaden kann."
– "Erst wenn wir einmal wissen, dass unser Risiko begrenzt ist, beschäftigen wir uns mit dem Potenzial eines Unternehmens."
– "Ein gehebeltes Portfolio zwingt dich dazu, irrational zu handeln, wenn der Markt irrational handelt, anstatt rational zu handeln, wenn der Markt irrational ist."
– "Alle sehen die gleiche Situation, aber nur wenige investieren und noch weniger schneiden dabei gut ab."
– "Es gibt viel weniger Jungs in unserer Sphäre als im Equity-Bereich."
– "Der Hauptgewinn für Distressed Investoren ist, wenn man eine Anleihe für 30, 40 oder 50 Cents auf den Dollar kauft und sein Investment vom Buchwert abgedeckt wird."
– "Weil wir als Immigranten herkamen, wurden wir Demokraten. So wurde ich erzogen."
– "Ich bin phänomenal erfolgreich, und das kann ich nur in diesem Land sein."
– "Früher oder später wird uns die Realität einholen. Der Zyklus wird sich umkehren und wir werden bereit sein."
– "Die meisten Investoren fokussieren sich darauf, was sie gewinnen können. Wir fokussieren uns darauf, was wir verlieren können."
– "Ich habe eine Rendite generiert, die mit Aktieninvestments mithalten kann und dabei wesentlich weniger Risiko in Kauf genommen. Das ist unser täglich Brot."
– "Wenn du jemanden triffst, der dir um Klassen überlegen ist, dann ist das der richtige Ort zum Arbeiten."
– "Die Person, die am besten vorbereitet ist, die am meisten gearbeitet hat, hat einen enormen Vorteil. Die meisten Menschen sind nämlich faul."