Der belgische Warren Buffett - Baron Albert Frère
Alberts Appetit war allerdings noch lange nicht gestillt. So erwarb er 1956 verschiedene Beteiligungen an Stahlunternehmen wie bspw. an den Walzwerken des Ruan oder den Schmieden von Thy-Marcinelle-Moncean und wurde zum Stahlindustriellen. Auf seinem Zenit als Stahlbaron Ende der 1970er Jahre kontrollierte er die komplette Stahlindustrie der Region Charleroi. Zu dieser Zeit erkannte Frère, dass die Stahlindustrie alles andere als eine rosige Zukunft hatte und verkaufte seine Beteiligungen an den belgischen Staat. Weltweite Überkapazitäten und ruinöser Wettbewerb sorgten in den Folgejahren für eine schwere Krise in der Stahlindustrie.
Beruflicher Neuanfang
Mit den Erträgen aus den Beteiligungsverkäufen machte sich Albert Frère auf, die Grundsteine eines Investment-Imperiums zu legen. Er gründete dazu 1981 zusammen mit dem kanadischen Unternehmer Paul Desmarai die Schweizer Holding Pargesa SA. Pargesas erstes Übernahmeziel war eine weitere Holding mit Sitz in Belgien: Groupe Bruxelle Lambert (GBL), welche bereits seit 1956 im belgischen Leitindex BEL20 zu finden ist. Zum Zeitpunkt der Übernahme hatte GBL Anteile von Banken, Versicherungen, Ölkonzernen und Medienunternehmen (u.a. RTL) im Portfolio.
Investitionsstil
Albert Frère hatte in jüngeren Jahren hauptsächlich Konsolidierungsdeals im Sinn. Das tat er bereits während seiner Zeit als Stahlbaron und auch am Anfang seiner Karriere als Investor zogen sich solche Geschäfte wie ein roter Faden durch den Trackrecord. Seine bevorzugte Strategie sah dabei folgendermaßen aus: er kaufte sich einen großen Anteil an einem kleinen Unternehmen einer gewissen Branche und tauschte diese dann gegen einen kleinen Anteil an einem großen Unternehmen derselben Branche. Prinzipiell entsteht dadurch ein Zusammenschluss beider Unternehmen, da das große Unternehmen nun einen Großteil der Aktien des kleinen Unternehmens hält. Solche Konsolidierungsdeals gehen in der Regel mit einer Wertsteigerung einher, sodass das neue Unternehmen mehr wert ist, als die Summe der Unternehmenswerte der Einzelunternehmen zuvor. Seinen erfolgreichsten Deal dieser Art führte er übrigens in Deutschlang durch. Er tauschte 30% seiner Anteile an RTL gegen 25% der Stimmrechte an dem nicht börsennotierten Medienkonzern Bertelsmann. Anschließend setzte er die Inhaberfamilie Mohn unter Druck, indem er einen Börsengang von Bertelsmann forcierte. Die Familie Mohn stemmte sich dagegen und kaufte Frère die Anteile für ca. € 4,5 Mrd. wieder ab. Frère machte mit diesem Geschäft € 2,4 Mrd. Gewinn.
In letzter Zeit ist Frère und seine GBL von dieser Strategie abgekommen. Derzeit stehen Engagements in Small- und Midcaps auf der Tagesordnung. Dabei tritt Frère als aktivistischer Investor auf, sobald er den Einstieg in ein Unternehmen gewagt hat. Er agiert hier als langfristig orientierter Value-Investor. Bevorzugt schaut Albert Frère nach Unternehmen mit hervorragenden Marktpositionen, die aber gerade in Schwierigkeiten stecken und die Markterwartungen nicht erfüllen können. So kaufte er bspw. 2015 3% am Sportartikelhersteller Adidas, der damals in die Ungnade der Analysten gefallen war und mit einer Gewinnwarnung aufwartete. In den Folgemonaten stockte Frère seine Beteiligung auf derzeit 7,2% auf und platzierte einen Vertrauten im Aufsichtsrat. Sein Engagement bei Adidas hat sich seitdem mehr als verdreifacht.
Ähnliches Potenzial scheint der Belgier im Anlagenbauer Gea zu sehen. Er kaufte sich im August 2017 ebenfalls 3% der Stimmrechte, nachdem Gea zwei Gewinnwarnungen herausgegeben hat. Ende 2017 stockte er seine Beteiligung auf über 5% auf. Die Spekulation dahinter sieht wie folgt aus: Gea hat eine hervorragende Marktposition und bedient zukunftsträchtige Industriezweige wie die Nahrungsmittelindustrie. Allerdings hat die Gea AG einige nicht so profitable Geschäftsbereiche im Portfolio. So ist zum Beispiel das Geschäftsfeld der Milcherzeugung bei Weitem nicht so renditestark wie die Milchverarbeitung. Frère wird alles daran setzen, diese Geschäftsbereiche zu verkaufen und das Geld entweder in die renditestarken Bereiche zu reinvestieren oder gar als Sonderdividende an die Aktionäre auszuschütten.
Albert Frère privat
Der Belgier ist in zweiter Ehe mit Christine Henning verheiratete (erste Ehefrau: Nelly Popliment). Er hatte drei Kinder, von denen eine Tochter bei einem Autounfall ums Leben kam. Laut Forbes verfügt Frère über ein Vermögen von $ 6,3 Mrd. Sein Spitzname ist "Der belgische Warren Buffett". 2002 wurde ihm eine große Ehre zu Teil, als ihm der belgische König Albert II die Rittersehre verlieh. Fortan heißt er Baron Albert Frère. Der Starinvestor hat eine Schwäche für Wein und besitzt zusammen mit dem Louis-Vuitton-Eigentümer Bernard Arnault ein Weingut in der Nähe von Bordeaux (Château Cheval Blanc). Seit Februar 2015 hat offiziell sein Sohn Gérald die Leitung des Familienimperiums übernommen. Allerdings ist Albert nach wie vor bei jedem Deal involviert.
Das gesamte Portfolio von Albert Frère finden Sie hier.
Zitate
- "Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper."
- "Die Sonne scheint für alle."
- "Die Welt gehört denen, die früh aufstehen."
- "Führen heißt nach vorne schauen."
- "In jeder Schwierigkeit gibt es eine Möglichkeit."
- "Umgib dich mit guten Menschen, delegiere, sei verfügbar."
- "Wenn Sie denken, dass Sie die richtige Formel gefunden haben, behalten Sie sie für sich!"
- "Arbeite mit Vergnügen."