Aktienpreise: Das Wissen der Vielen!
Liebe Leser,
die Börse ist der am weitesten entwickelte demokratische Prozess der Welt. Marktpreise sind nichts anderes als ein ständiger Meinungsaustausch über Unternehmen und die Wirtschaftslage. Einen Aktienpreis kann man daher gerne als Echtzeit-Umfrage über die Aussichten eines Unternehmens bezeichnen.
Der Aktienpreis spiegelt das Wissen und Denken von klugen und finanzkräftigen Menschen wider. Insider, Analysten, Mitarbeiter, Konkurrenten – all deren Wissen fließt in den Aktienpreis mit ein. Das können wir uns zu Nutze machen. Wir müssen nicht unbedingt die Zukunft richtig erraten, um erfolgreich zu investieren. Es reicht, wenn wir beobachten, welche Urteile der Markt über Geschäftsmodelle trifft.
Ich investiere gerne in Aktien mit geringer Volatilität, wenn die Firmen dahinter gleichmäßig und profitabel wachsen. Eine solche Firma ist SAP. SAP konnte den Umsatz seit 2007 von 10,24 Mrd. € auf 20,79 Mrd. € in 2015 verdoppeln. Die Softwarefirma arbeitet dabei hochprofitabel. Die Volatilität des Aktienpreises ist sehr gering. SAP ist bei DAX-Rücksetzern oft der Fels in der Brandung.
Die geringe Volatilität des Aktienpreises zeigt mir, dass zwischen all den klugen Menschen, die den Aktienpreis beeinflussen, relativ wenig Unsicherheit bezüglich der weiteren Geschäftsentwicklung besteht. Der faire Aktienwert ergibt sich über eine Abdiskontierung der zukünftigen Cashflows mit einem Zinssatz, der meist zwischen 8 % bis 10 % liegt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit kann ich bei einem Investment in der SAP-Aktie ich eine solche Rendite erwarten.
E.ON finde ich nach der Abspaltung von Uniper interessant. E.ON kann sich in Zukunft auf Erneuerbare Energien, Energienetze und Kundenlösungen konzentrieren. Das alte Kraftwerksgeschäft wird in der Uniper AG weitergeführt. Energienetze versprechen planbare und konstante Erträge. Das gefällt mir, vor allem weil die Bedeutung der Netze angesichts vieler dezentraler Energiequellen zunehmen wird.
Die Aktie von E.ON kaufe ich allerdings erst dann, wenn die relevanten Trends nach oben zeigen. Ich bin auf das Wissen der Insider und gut informierten Personen im E.ON-Umfeld angewiesen, deren Einschätzung sich im Aktienpreis manifestieren.
Ich warte also wieder ab bis sich der E.ON-Aktienkurs über dem GD 200 bewegt und bis der GD 200 selbst wieder eine steigende Tendenz hat. Dann kann ich mir gut vorstellen E.ON-Aktionär zu werden und von dem stabilen Geschäft mit Energienetzen zu profitieren. Solange die Aktie im Abwärtstrend ist, kaufe ich allerdings nicht!
Früher war ich häufig zu ungeduldig. Ich malte wir Wachstumsszenarien aus, die dann von der Wirklichkeit nicht bestätigt wurden. Heute nutze ich das geballte Wissen, das in einem Aktienpreis steckt, um mir meine Szenarien bestätigen zu lassen. Ich stelle positive Zukunftsszenarien auf, handle diese aber nur, wenn die Aktientrends ebenfalls stabil nach oben zeigen und die Volatilität niedrig ist.
Viele Grüße
Ihr Simon Betschinger
Hinweis: Dies ist meine Kolumne für die aktuelle Ausgabe des Anlegermagazin. Das Anlegermagazin ist für Mitglieder des Börse Stuttgart Anlegerclubs kostenlos (kostenlos registrieren). Im Oktober gebe ich eine vierteilige Webinarreihe "Professionelles Trading mit überschaubarem Zeitaufwand" für alle Mitglieder des Anlegerclubs.