Dass der Online-Handel durch die Corona-Pandemie einen nie gesehenen Wachstumsschub erfahren hat, ist mittlerweile kein Geheimnis mehr. Weil Shoppen der traditionellen Art mit Besuchen in real existierenden Geschäften in Einkaufsstraßen wochenlang ein Ding der Unmöglichkeit war und auch Menschen, die bisher noch überhaupt nicht online eingekauft haben, quasi gezwungen wurden, das Online-Shopping-Erlebnis auszuprobieren, ist der Retail in eine Phase massiver Veränderung eingebogen.

Vielleicht kann man sogar so weit gehen und behaupten, dass der Einzelhandel vor einer starken Disruption steht. Denn viele Erst-Online-Käufer dürften bemerkt haben, wie bequem es ist, Waren einfach in einen virtuellen Einkaufswagen zu schmeißen und den Paketboten das Schleppen ins Haus zu überlassen. Online-Portalen dürften viele der Corona-Kunden treu bleiben.

Das sieht man beim Online-Modehändler Zalando sehr gut. Man braucht gar nicht erst in die Geschäftszahlen zu blicken. Der Aktienkurs spricht Bände. Hier boomt das Geschäft. Und laut Der Aktionär dürfte sich daran so schnell nichts ändern. Kürzlich habe Kanzlerin Merkel hochgerechnet, dass bei einem gleichbleibenden Anstieg der Neuinfektionen bis Weihnachten 19.200 Neuinfizierte am Tag geben könne. Das Schreckgespenst eines weiteren "Lockdowns" nehme bereits wieder Formen an.

Ein weiterer Lockdown wäre mehr als nur ein Alptraum für den stationären Einzelhandel. Insbesondere beim Mode-Einzelhandel käme ein neuer Lockdown dem Aus für viele kleinere Geschäfte gleich. Schätzungen zufolge sei im Jahr 2020 davon auszugehen, dass der traditionelle Modehandel in den Einkaufsstraßen Deutschlands bis zu 20 Mrd. Euro weniger Umsatz einfahren werde als im Vorjahr. Branchenexperten zufolge sei bis 2024 ein Ladensterben mit Pleiten, die eine fünfstellige Zahl erreichen, zu erwarten.

Für Europas Marktführer im Online-Modehandel stelle sich die Situation komplett anders dar. Die Verschiebung des Modekaufs ins Internet habe seit Corona Fahrt aufgenommen. Dennoch habe Zalando noch reichlich Potenzial, denn der Marktanteil sei noch immer gering. Im kommenden Geschäftsjahr gehe Zalando davon aus, einen Umsatz von 9 Mrd. Euro zu erzielen. Der europäische Modemarkt habe ein Gesamtvolumen von 430 Mrd. Euro.

Zalando habe daher noch viel Wachstumspotenzial. Und die Aktie könne selbst nach einem Plus von 160 % seit März die Rally noch länger fortsetzen. Der Aktionär rät mit einem Kursziel von 100 Euro zum Kauf (23 % Potenzial). Gleiches Kursziel und Potenzial hat auch die Privatbank Warburg Research für den Online-Modehändler. Laut Analyst Christian Salis sei die Prognose von Zalando noch immer sehr konservativ.

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Bildherkunft: © Zalando