Gott im Pit – Mark Ritchie
Mark Ritchie wurde 1956 in den Vereinigten Staaten geboren. Da seine Mutter Englischlehrerin war, verbrachte Mark zusammen mit seinem Bruder Joseph (Joe) einige Jahre seiner Kindheit in Afghanistan. Weitere Stationen in jungen Jahren waren der Süden Texas‘ sowie die Küstenlinie Oregans.
1970 nahm Ritchie ein Studium der Theologie an der Trinity International University in Bannockburn, Illinois, auf, welche ca. eine Autostunde nördlich von Chicago gelegen ist. Um sich während dieser Zeit finanziell über Wasser zu halten, nahm Ritchie verschiedenste Nebenjobs an. So war er beispielsweise eine Zeit lang Wächter in der Justizvollzugsanstalt und absolvierte die ungeliebten Nachtschichten, arbeitete in einem Bestattungsinstitut oder war als LKW-Fahrer unterwegs. 1973 machte er seinen Bachelorabschluss und erlangte später sogar den Master of Divinity (1980), wollte aber niemals die Priesterwürde erlangen.
CBOT
Marks Bruder Joe arbeitete Anfang der 1970er als Arbitrageur für ein Finanzunternehmen aus Los Angeles. Joe sollte die Arbitrage-Möglichkeiten im Silbermarkt zwischen der New Yorker Börse und der Chicago Board of Trade unter die Lupe nehmen. Da Joe selber keinen Anzug besaß, fragte er seinen Bruder Mark sowohl nach einem Anzug, als auch nach dessen Gesellschaft bei dem Trip an die großen Seen. Einmal an der CBOT angekommen, wurden die beiden direkt vom hektischen Treiben erfasst und scheinbar nie mehr losgelassen. Eigenen Angaben zufolge wussten die beiden sofort, dass sie dort hingehörten. Sechs Monate später trat Joe mit Hilfe seiner L.A.er Firma einen Posten als Arbitrageur im Silbermarkt an. Nicht viel später folgte Mark, der 1974 bei der gleichen Firma einen Posten als Telefonist ergattern konnte. Im Jahr 1975 büßte der Silbermarkt viel von seiner Volatilität ein, was mit einem Rückgang der Arbitrage-Möglichkeiten einherging. Daher wurde Marks Stelle leider wegrationalisiert. Er begann postwendend für eine andere Firma an der CBOT zu arbeiten, welche sich auf Commodity-Optionen spezialisierte. Das Aufgabenprofil deckt sich in den Erzählungen Ritchies sehr stark mit einigen Szenen aus Wolf of Wall Street. So war das gesamte Geschäftsmodell dieser Firma auf die Abzocke von Kunden ausgerichtet, welche zuvor per Telefonakquise heiß gemacht wurden. Der religiöse und ethisch-bedachte Ritchie kündigte am ersten Arbeitstag nach dem Ende seiner Ausbildung. Glücklicherweise fand er schnell einen neuen Job auf dem Parkett und tradete fortan Sojamehl und Sojaöl (als sog. Soybean Crush zusammengefasst). Ritchie war insgesamt 10 Jahre als Parketthändler tätig und schloss jeden einzelnen Monat mit einem Gewinn ab.
CRT
1977 gründeten Mark und sein Bruder Joe zusammen mit 2 weiteren Personen eine Firma namens Chicago Board Crushers. Da "Board" auch mit "Brett" und "Crusher" mit "Zerkleinerungsmaschine" übersetzt werden kann, kam es vermehrt zu Verwechslungen mit einem Sägewerk. Daraufhin änderten die vier den Namen der Firma in Chicago Research and Trading, kurz: CRT. Ziel der Unternehmung waren keine großen Einzelgewinne über längere Zeiträume, sondern das kurzfristige Ausnutzen der vielen kleinen Marktinsuffizienzen wie Arbitrage, Fehlpreisungen, Preisabweichungen etc. Dazu verfolgten die Maschinen und Computer permanent ca. 75 Märkte und handelten weltweit an 19 Börsen. Während die CRT anfangs eher ein Nebenprojekt zur Ergänzung des Parketthandels darstellte, wuchs es über die Jahre rasant an und bald hatte man ein eigenes Bürogebäude sowie eine dreistellige Mitarbeiterzahl. Die Tradinggewinne beliefen sich auf einen Milliardenbetrag und die Umsätze gar auf mehrere Billionen Dollar.
Die Zeit danach
Mark Ritchie suchte 1987 nach neuen Herausforderungen und hatte zudem die Managementpflichten satt, die mit dem Führen eines Unternehmens einhergehen. So begann er diesem Jahr mit dem eigenständigen Handel. Sein Trading-Konto war mit USD 1 Mio. ausgestattet. In den darauffolgenden 4 Jahren betrug seine durchschnittliche jährliche Rendite ca. 50%. Für die Jahre danach findet man keine Informationen mehr zu seiner Performance.
Dafür ging Ritchie seinen anderen Interessen nach. So schrieb er zwei Bücher: God in the Pits (1989) sowie Spirit of the Rainforest (2000). Das letztgenannte Buch geht auch einher mit einer Lebensaufgabe Ritchies: er engagiert sich sehr stark für einen Eingeborenenstamm im Amazonas. Neben der Bereitstellung von finanziellen Hilfen hat er auch schon 5 Mal für einen längeren Zeitraum in dem Dorf der Eingeborenen gelebt und dort das Buch sowie mehrere Texte verfasst. Des Weiteren ist Mark Ritchie Vorstandsmitglied von "Warm Blankets Orphan Care International" sowie dem "Southern Evangelical Seminary and Bible College". Generell stellt er ein Drittel seiner Bruttoeinkünfte dem Kampf gegen Armut zur Verfügung. Ritchie hat zusammen mit seiner Frau 5 Kinder und bereits 9 Enkelkinder.
Tradingratschläge
Mark Ritchie gibt 4 klare Ratschläge mit auf den Weg:
1. Stecke kein Geld in Sachen, die du nicht verstehst
2. Man kann nur Geld an der Börse verdienen, wenn man bereit ist, welches zu verlieren
3. Bleibe deinen eigenen Ideen treu und lass dich nicht von der Masse mitreißen
4. Ergreife die Chancen, die sich bieten, wenn andere den Kopf verlieren
Außerdem legt Ritchie großen Wert auf die Positionsgröße. Er sagt, dass die Höhe der Gewinne und Verluste ausschließlich von der Positionsgröße bestimmt werden. Ritchie selbst riskiert pro Trade lediglich 0,5% seines Kapitals und stockt die Position dann auf, sofern es für ihn läuft. Übrigens schließt Mark Ritchie seine Positionen, wenn er abends im Bett liegt und über das Engagement grübeln muss.
Zitate
- "Viele in diesem Geschäft, die sich als große Gewinner darstellen, sind in Wirklichkeit Verlierer."
- "Ich habe eine Regel: sollte ich noch über eine Position nachdenken, wenn ich nachts mit meinem Kopf im Kissen liege, dann beginne ich nächsten Morgen mit der Liquidation."
- "Das Ausmaß der Verluste und Gewinne ist einzig und allein eine Frage der Positionsgröße. Die Kontrolle der Positionsgröße ist unverzichtbar für den Erfolg."
- "Du musst in der Lage sein, in einem panischen Markt klar zu denken und entschlossen zu handeln. Jene Märkte die durchdrehen, sind die Märkte mit den besten Chancen."
- "Ich glaube nicht, dass du Geld verdienen kannst, wenn du nicht bereit bist, es zu verlieren. Solange du kein Geld hast, was du verlieren kannst und dennoch ruhig schläfst, gehörst du nicht in den Markt"